Super Bowl LVIII und das Duell zwischen den San Francisco 49ers und Kansas City Chiefs ist nur noch wenige Tage entfernt. Was ist vom Endspiel um die NFL-Krone zu erwarten? Worauf müssen sich Teams bei ihren jeweiligen Gegnern einstellen? sport.de macht die Daten-Analyse.
Geht es nach den Buchmachern in Vegas, dann wird der 58. Super Bowl in Las Vegas eine sehr enge Kiste. Die 49ers gelten derzeit mit einem Spread von -2 als leichter Favorit. Beim Over/Under werden 47,5 Punkte angesetzt. Doch wie kommt es zu diesen Tendenzen?
Die Chiefs haben immerhin in den vergangenen Wochen drei der besten Teams der AFC besiegt, zwei davon sogar auswärts. Nach Weighted DVOA - die letzten Wochen werden höher gewichtet als Spiele früher in der Saison - laut "FTNFantasy" schlugen sie nacheinander die Nummer 5 (Dolphins), 3 (Bills) und 1 (Ravens) im Ranking. Sie selbst stehen hier nur auf 6 und die Niners sind auf der 2 anzutreffen.
Das zeigt zumindest schon mal, dass die Chiefs außerordentlich gut unterwegs waren in den Playoffs, nachdem ihre gesamte Saison für ihre Verhältnisse eher durchwachsen verlief. Die Niners wiederum hatten einen deutlich leichteren Parcours gegen die Nummer 12 (Packers) und die 7 (Lions). Umso erstaunlicher, dass es jeweils größere Comebacks brauchte, um sich durchzusetzen.
Super Bowl LVIII: Diskrepanzen zwischen Offense und Defense
Generell lässt sich zudem sagen, dass hier eine ziemlich effiziente Offense auf eine starke Defense trifft. Die Niners kommen seit Woche 16 auf 0,112 EPA/Play, die Chiefs-Defense wiederum liegt in diesem Zeitraum bei -0,092 EPA/Play. Andersrum produziert die Chiefs-Offense -0,002 EPA/Play während die Niners-Defense 0,062 EPA/Play zulässt. Die 49ers stellen also eine der effizientesten Offenses der NFL, die Chiefs wiederum sind defensiv sehr effizient.
Schaut man nun genauer hin, ergibt sich jedoch, dass eigentlich beide Teams gegen den Pass gut sind. Die Chiefs stellen die zweitbeste Pass-Verteidigung nach Net Expected Points von "numberFire" - eine ähnliche Metrik wie Expected Points Added. Die Niners belegen hier Rang 5. Gegen den Lauf allerdings sind die Niners nur Durchschnitt (18.), die Chiefs sogar richtig schlecht (28.). Und das lässt sich übrigens vor allem auf die Defensiv-Formationen zurückführen.
Die Chiefs setzen in 38 Prozent ihrer Defensiv-Snaps auf nur maximal sechs Verteidiger in der Box, haben also nur sehr wenige Spieler in der Mitte nahe der Line of Scrimmage postiert. Ob das auch im Super Bowl so sein wird, darf bezweifelt werden, denn die 49ers kommen im Schnitt auf 7,2 Yards pro Carry gegen maximal sechs Mann in der Box. Und hier könnte es zum Schachspiel kommen zwischen Niners-Head-Coach Kyle Shanahan und Chiefs-Defensive-Coordinator Steve Spagnuolo.
Die Chiefs sind nämlich dann am besten, wenn sie ihr Dime-Package aufs Feld schicken, also mit sechs Defensive Backs agieren. Mit diesem Personnel kommen sie auf -4,3 Prozent DVOA und lassen gerade mal 4,0 Yards pro Play zu. Um dieser Gruppierung aus dem Weg zu gehen, müssten die Niners also eventuell auf ihr Lieblings-Package (11-Personnel) häufiger verzichten. In 11 erzielen sie im Schnitt 7,2 Yards pro Play.
Denkbar ist daher, dass man häufiger auf 21- oder 12-Personnel setzt, wenn man das Run Game um Christian McCaffrey forcieren oder die Hoffnung haben will, mehr Lücken in der engen Zone-Defense zu finden. Rein theoretisch sollte das für die 49ers machbar sein, zumal Tight End George Kittle ohnehin ein gefährlicher Receiver ist, während Fullback Kyle Juszczyk ebenfalls fähig ist, einen Ball zu fangen.
Super Bowl LVIII: Gewinnt die simple Chiefs-Offense erneut?
Auf der anderen Seite haben die Chiefs zuletzt mit dem Run Game ebenfalls Erfolg gehabt. Getragen wird diese Unit aber eindeutig von Patrick Mahomes, der in den vergangenen Woche die Dinge vereinfacht hat. Eigentlich gehen Pässe dieser Tage nur noch Richtung Travis Kelce und Rashee Rice. Im AFC Championship Game gegen die Baltimore Ravens sahen beide zusammen 20 Targets, der Rest des Teams gerade mal 16. Und das hat zur Folge, dass Mahomes derzeit mehr über die Mitte versucht als nach außen, weil ihm außen schlicht Qualität und das Vertrauen in die Mitspieler fehlt.
In den drei Playoffspielen produzierte er in diese Richtung 11,5 Yards pro Pass. Hauptsächlich gehen diese auf Kelce, während Rice vor allem über simple Routes über mittlere Distanzen und Screens anzutreffen ist. Seine durchschnittliche Passtiefe von 5,2 Yards spricht hier Bände. Dafür legt er jedoch starke 2,25 Yards pro gelaufener Route und 8,3 Yards nach dem Catch pro Reception hin. Bei ihm ist die Frage nur, wie man ihm den Ball in die Hände legt.
Doch zurück zur Mitte des Feldes: Mahomes war in diese Richtung sehr effektiv, trifft nun jedoch auf die beste Defense gegen Pässe über die Mitte. Das liegt in erster Linie an den Cover-Fähigkeiten der Linebacker Fred Warner und Dre Greenlaw. Spannend wird zu sehen, ob einer von beiden ein besonderes Auge auf Kelce wirft oder ob man dafür einen der Safetys näher an die Line stellt. Beide Teams sind eigentlich hauptsächlich in 2-High-Aufstellungen unterwegs.
Weitaus spannender wird jedoch besagtes Duell zwischen Shanahan und Spagnuolo. Zum einen müssten die Niners auf dem Papier eigentlich auf Receiver mehr Feuerpower mitbringen, zumal die Chiefs gegen Slot-Receiver anfällig sind. "FTNFantasy" hat sie gegen diese Position oder generell gegen Receiver nahe der O-Line nur auf Rang 19 nach DVOA. Gegen Outside-Receiver sind sie jedoch die sechstbeste Defense.
Allerdings haben die 49ers den Vorteil, dass sich die Chiefs und voraussichtlich in erster Linie (Slot-)Cornerback Trent McDuffie nicht wirklich auf einen klaren Gegenspieler wird einstellen können. Gleich vier Spieler der Niners haben in dieser Saison mindestens 132 Snaps im Slot absolviert, hinzu kommt McCaffrey mit 96. Im Grunde kann da also jeder überall postiert werden - Deebo Samuel und Kittle stehen des Öfteren auch im Backfield.
Eines jedoch sollte klar sein: Pässe in die Richtung von (Outside-)Cornerback L'Jarius Sneed sollte Brock Purdy vermeiden. Er ist laut der neuen Metrik Cornerback Coverage DVOA mit -23 Prozent der beste Cornerback der Chiefs und einer der besten der Liga in der laufenden Saison.
Super Bowl LVIII: Viele Wege führen zu Pressure
Grundlegend verschieden sind darüber hinaus auch die defensiven Philosophien beider Teams. Während "Spags", der nun schon drei Super Bowls als Defensive Coordinator gewonnen hat (einen mit den Giants 2007), ein Blitzing-Enthusiast ist, setzt sein Pendant Steve Wilks eher auf einen konservativen Ansatz mit Pass Rush, der hauptsächlich von der Defensive Line kommt.
Sowohl Purdy als auch Mahomes zeigen durchaus Wirkung, wenn sie unter Druck gesetzt werden. Doch das Problem bei Mahomes ist, dass er kaum unter Druck gesetzt wurde zuletzt. Sei es das Quick Passing Game, die gute Offensive Line oder einfach seine Fähigkeit, aus der Pocket auszubrechen und so für mehr Zeit zu sorgen oder selbst zu laufen; Defenses kommen selten zu ihm durch. In den bisherigen drei Playoff-Spielen wurde er ganze zweimal gesackt. Und das in einer Phase gegen die Ravens, in der die Partie schon mindestens vorentschieden war.
Die Niners brachten es in diesem Jahr mit ihrem Ansatz auf eine Pressure-Rate von 38,1 Prozent, der neuntbeste Wert der Liga. Ihre Blitz-Rate von 20,4 Prozent war jedoch die drittniedrigste der Liga. Wenn es also einem Team gelingen könnte, Mahomes unter Druck zu setzen, dann wohl den Niners.
Auf der anderen Seite muss sich Brock Purdy auf einiges gefasst machen. Die Chiefs haben über die gesamte Saison zwar nur eine Pressure-Rate von 35,2 Prozent (15.), dafür aber die sechsthöchste Blitz-Rate mit 36,3 Prozent. Purdy allerdings hat gegen den Blitz immer noch ein Passer Rating von 119,4. Die Frage wird sein, ob ihm das auch gegen exotische Blitzes und Disguises der Chiefs gelingt. Denn solche können von überall kommen.
Generell können viele Faktoren ein Spiel beeinflussen. Die direkten Duelle der aufgezeigten Units im Einzelnen dürften jedoch wegweisend sein im Kampf um die Lombardi Trophy.
Marcus Blumberg



































