Wenn sich einer im Skifliegen auskennt, dann Sven Hannawald. Zweimal hintereinander (2000, 2002) krönte sich der heute 49-Jährige in seiner Karriere zum Weltmeister, einmal (1998) gewann er Silber. Vor der anstehenden Skiflug-WM am Kulm äußert sich Hannawald zu den Chancen der DSV-Adler - die er, mit einer Ausnahme, als nicht allzu doll einschätzt.
Nach dem starken Saisonstart mit einer enormen mannschaftlichen Geschlossenheit haben die deutschen Skispringer sukzessive nachgelassen. Einzige Ausnahme: Andreas Wellinger. Der Zweite der Vierschanzen-Tournee hat seine gute Form nach dem ersten Saisonhighlight gehalten und landete auch vor dem zweiten Höhepunkt des Jahres, der Skiflug-WM am Kulm, regelmäßig auf dem Stockerl.
"Wenn bei ihm alles perfekt läuft und er seine Sprünge trifft, dann könnte es schon sein, dass es da vielleicht um größere Dinge geht, als nur mitzufliegen", traut Hannawald im Gespräch mit dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" dem 28-jährigen Wellinger durchaus eine Medaille bei den Titelkämpfen auf der legendären Naturschanze in Bad Mitterndorf zu.
Entscheidend sei, bei der Skiflug-WM mit vier Durchgängen den Kopf nicht zu sehr einzuschalten. "Wenn man zu viel philosophiert und dann ins Wanken gerät, ist von Anfang an eine Enttäuschung da, wenn es nicht ganz so gut läuft", so Hannawald. Wellinger bringe es nichts, "sich schon im Vorfeld die Sonnenblumen ins Haar zu stecken".
Wichtig sei, dass der DSV-Adler "bei sich bleibt und dass er sich direkt in der Schanze findet".
Auch Bundestrainer Stefan Horngacher traut seinem Vorzeigeflieger Edelmetall am Kulm zu. "Es ist das erste Mal in seinem Leben, dass er mit einer sehr guten Form zur Skiflug-WM geht. Deshalb hat er die größten Chancen, auch endlich hier eine Medaille zu machen", sagte der Österreicher der "dpa".
Skiflug-WM: Im Teamwettbewerb wird's schwer für die DSV-Adler
Topfavoriten sind für Hannawald allerdings der Gesamtweltcup-Führende Stefan Kraft aus Österreich und Japans Tournee-Sieger Ryoyu Kobayashi. "Eventuell muss man auch Jan Hörl dazunehmen. Er zeigt einzelne Sprünge, in denen er richtig wegfliegt vom Hang", nennt Hannawald einen weiteren Kandidaten.
Karl Geiger, 2020 in Planica Skiflug-Champion, hat die Skisprung-Ikone nicht auf dem Zettel. "Ich hoffe, dass er sich findet, gehe aber eher von Schwierigkeiten aus. Er hatte in dieser Saison – außer in Klingenthal (Geiger feierte dort zwei Weltcupsiege, d.Red.) – immer ein paar Probleme."
Für den Mannschaftswettbewerb am Sonntag zählt Hannawald die DSV-Adler nicht zum engsten Favoritenkreis. "Die Lockerheit bei den Deutschen ist inzwischen so ein bisschen weg, außer bei Wellinger natürlich", sagte der Vierschanzentournee-Sieger von 2002. "Mit Österreich, Slowenien und auch den Norwegern, denen Skifliegen einfach im Blut liegt, hat man schwere Gegner." Er würde sich "über jeden Podestplatz freuen".


