Über Jahre herrschten im deutschen Biathlon große Nachwuchssorgen. Doch mit einer Umstellung des Systems kehrt Hoffnung zurück, gerade viele Juniorinnen drängen früh in die Eliteklasse.
Julia Tannheimer blickte mit großen Augen auf die Fanmassen im Ruhpoldinger Champions Park, versteckte sich auf der riesigen Bühne bei der Eröffnungsfeier ganz schüchtern am Rand. Auf der Strecke drängt die gerade einmal 18-jährige Juniorin aber längst ins große Rampenlicht - und ist dabei ganz und gar nicht allein: Als bereits drittes Talent des Deutschen Skiverbandes (DSV) feiert sie in diesem Winter ihr Weltcup-Debüt.
Gab es lange Zeit ängstliche Blicke in die Zukunft des deutschen Biathlonsports, macht nun ein Kurswechsel in Sachen Nachwuchs Hoffnung. "Sorgen brauchen wir uns keine machen", sagte Frauen-Trainer Kristian Mehringer mit breitem Grinsen. Es gehöre zur "neuen Strategie, dass wir die Jungen sehen wollen und sie gezielt einbauen. Wir wollen die Möglichkeit geben, dass die Jungen reinschnuppern", erklärte Sportdirektor Felix Bitterling: "Sie sollen früh lernen."
Beim Heim-Weltcup rückt deshalb nun beispielsweise Tannheimer für die mit zahlreichen Weltcup-Rängen unter den Top 30 keineswegs enttäuschende 19-jährige Selina Grotian ins Team.
Biathlon-Trainer Mehringer: "Wir haben uns das immer erwartet"
"Wir haben uns das immer erwartet und erhofft, dass Druck von hinten kommt", sagte Mehringer: "Vorher war es oft egal, wie man im Weltcup gelaufen ist und man bleibt einfach drin. Nun ist es für uns Trainer optimal."
Denn aus dem zweitklassigen IBU Cup schieben die Talente gewaltig nach. In den vergangenen Jahren waren dort meist eher gestandene Athleten unterwegs, bei denen es nicht ganz für den Weltcup reichte. Diese stagnierten dort oft in ihrer Entwicklung. Nun werden die hoffnungsvollsten Talente frühzeitig aus den Nachwuchsserien zu den Erwachsenen befördert, den IBU Cup nutzt der DSV ein Stück weit als "Jugend forscht".
"Da war nicht jeder happy", so Mehringer: "Aber die Jungen waren direkt auch dort vorne dabei, das ist doppelt gut." Mit Tannheimer, der 19 Jahre alten Julia Kink und der in Lenzerheide Weltcup-Luft schnuppernden 21-jährigen Johanna Puff konnten drei Nachwuchskräfte in ihrer Premierensaison dort gleich gewinnen, dazu kam die 21 Jahre alte Emily Schumann schon auf Platz zwei.
Bei den Männern hat der Kurswechsel noch nicht ganz so sichtbar funktioniert. "Es schaut gut aus bei den 23-, 24- und 25-Jährigen. Es stehen viele in der Reihe und warten", sagte Herren-Trainer Uros Velepec. Da diese aber wegen der "großen Qualität in der A-Mannschaft" noch im IBU Cup statt im Weltcup starten müsse, habe es "die Generation 18, 19, 20 Jahre gerade schwer". Aber Konkurrenz belebt ja bekanntlich das Geschäft - ganz wie bei den Frauen.
