Andreas Wolff ist der Rückhalt des DHB-Teams. Warum so viel vom gerade erst genesenen 2016er-Europameister abhängt, zeigte einmal mehr der erste EM-Härtetest gegen Portugal.
Wenige Sekunden sind noch auf der Uhr, als Andreas Wolff das macht, was er am besten kann. Der Torhüter der deutschen Handballer fährt das rechte Knie aus, blockt den Ball und sichert so den knappen Erfolg. "Letzter Ball gehalten, wir haben gewonnen. Wenn wir das so in jedem EM-Spiel machen, ist das okay", scherzte Wolff.
Die Szene vom Last-Minute-Sieg im ersten Härtetest gegen Portugal (34:33) steht sinnbildlich für das deutsche Spiel: Wenn der gerade von einem Bandscheibenvorfall genesene Keeper gut hält, steigert das die DHB-Chancen enorm. Und so lautete nicht bloß Wolffs wichtigste Erkenntnis nach der noch etwas holprigen Vorstellung: "Der Nacken hält!"
Auch Bundestrainer Alfred Gislason weiß vor der EM-Generalprobe, dem zweiten Duell mit den Portugiesen am Samstag (18:00 Uhr/ARD) in Kiel, um die enorme Bedeutung des "Wolff-Faktors". Obwohl die Abwehr- und Torhüterleistung in der zweiten Halbzeit "nicht so war, wie wir es uns normalerweise vorstellen". Am Ende war neben Youngster Martin Hanne, der bei seinem Länderspieldebüt direkt fünf Treffer markierte, doch wieder Wolff der Matchwinner. Obwohl der nicht sein bestes Spiel machte.
"Das eine oder andere haben wir auch ausprobiert", analysierte der 32-Jährige mit entspanntem Gesichtsausdruck. Deswegen sei es "ja logisch, dass es noch nicht einwandfrei funktioniert. An der Defensive müssen wir noch arbeiten."
Handball-EM: Wolff ohne große Spielpraxis
Lobende Worte fand Wolff aber vor allem für die Grünschnäbel im Team, für den frech aufspielenden Renars Uscins und natürlich für Hanne. So eine Leistung im ersten Länderspiel? "Respekt", sagte Wolff: "Die Jungen bei uns haben alle sehr großes Talent. Wenn wir die Stärken der Routiniers einbringen, und dazu die unbekümmerte Wildheit der Jungen auf die Platte bringen, dann können wir weit kommen in dem Turnier."
Das könnte tatsächlich die entscheidende Formel sein, wenn am Mittwoch (20:45 Uhr/ZDF und Dyn) die EM mit dem Weltrekordspiel in Düsseldorf gegen die Schweiz beginnt. Wolff jedenfalls ist bereit. Die Verletzung, die ihn monatelang um die EM-Teilnahme bangen ließ, ist zumindest "aus dem Kopf komplett raus".
Hier und da gebe es "ein paar Bewegungsabläufe, die sind noch nicht ganz so rund wie vorher". Und auch die Spielpraxis sei "nicht übermäßig groß. Aber dafür sind diese Testspiele eben auch da." Die EM-Form werde "schon kommen".
Es war Ende August des vergangenen Jahres, als Wolff die Schock-Nachricht ereilte. Sogar von einer möglichen Operation, die das sichere EM-Aus bedeutet hätte, war die Rede. Doch dank wochenlangem Einzeltraining im Trainingszentrum der Fußballer der TSG Hoffenheim, täglich vier bis sechs Stunden, schaffte Wolff das Comeback.
Der Keeper, der bei der WM vor einem Jahr als bester Torhüter ins Allstar-Team gewählt wurde, ist bereit für neue Heldentaten. "Er kann der Mannschaft unwahrscheinlich viel geben, er ist reifer und ist dadurch ein kompletter Torhüter geworden", sagt Gislason.
Dies will Wolff in den kommenden Tagen und Wochen beweisen.








