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"2,5 Meter sind nix"

Wellinger bläst nach Dämpfer zur "Vollgas"-Attacke

Durchatmen! Andreas Wellinger brach am berüchtigten Bergisel nicht ein
Durchatmen! Andreas Wellinger brach am berüchtigten Bergisel nicht ein
Foto: © IMAGO/GEPA pictures/ Daniel Schoenherr
04. Januar 2024, 08:45
sport.de
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Die schlechte Nachricht zuerst: Andreas Wellinger hat seine Führung bei der 72. Vierschanzentournee im dritten Springen in Innsbruck an Ryoyu Kobayashi verloren. Die gute: Der verflixte Bergisel ist abgehakt – und Wellingers Rückstand absolut aufholbar. Klar ist: Das Springen in Bischofshofen wird ein Tournee-Showdown allererster Güte.

Als die nackten Zahlen auf der Anzeigetafel im Hexenkessel Bergisel aufleuchteten, pustete Andreas Wellinger einmal kräftig durch. Obwohl er im windigen Treiben von Innsbruck nur Fünfter wurde, sind seine Tournee-Hoffnungen vor dem letzten Springen in Bischofshofen völlig intakt.

Anders als die DSV-Adler Karl Geiger und Markus Eisenbichler in den vergangenen Jahren verhunzte Wellinger das berüchtigte Springen auf der umgebauten Olympiaschanze nicht. Der Bergisel war heuer nicht der befürchtete deutsche Schicksalshang.

Wellingers Führung in der Gesamtwertung ist nach drei Tournee-Vierteln zwar futsch, auf den Japaner Kobayashi fehlen aber nur 4,8 Punkte, umgerechnet 2,5 Meter.

Auf einer großen Schanze wie Bischofshofen, wo Weiten über 140 Meter drin sind, ist dies kein sonderlich großer Rückstand. Der Traum vom ersten deutschen Tournee-Sieg seit Sven Hannawald 2002 – er lebt!

Wind-"Lotterie" lässt Andreas Wellinger kalt

"Ich bin mit meiner springerischen Leistung extrem zufrieden", resümierte Wellinger im "ZDF". Er habe nach einer zähen Quali heute "mit Abstand meine besten Sprünge gemacht. Wir wussten, dass es vom Wind eine Lotterie wird. Aber von der Energie, vom Fluss, war das schon gut."

Wohl war. Für Wellinger spricht in diesem Winter seine beeindruckende Stabilität beim Absprung und dem Übergang vom Schanzentisch ins erste Flugdrittel.

Weil sein System wie ein Uhrwerk funktioniert, weil die Automatismen greifen (Achtung Fußballer-Sprech!), kommt er auch auf einer tückischen Schanze wie dem Bergisel mit leichtem Unwetter sauber durch.

Vierschanzentournee: Andreas Wellinger will "Vollgas geben"

"Andi ist super gesprungen heute. Er ist dran", attestierte Bundestrainer Stefan Horngacher seinem Vorzeige-Adler und richtete den Blick direkt optimistisch gen Bischofshofen. "Der flache Anlauf liegt im eigentlich sehr gut. Mit seinem Geschwindigkeitsvorteil kann er dort einiges rausholen."

Denn auch das fällt in diesem Winter auf: Wellinger ist in der Spur stets einer der schnellsten, hat super Material, kann den Speed dank seiner Grundstabilität problemlos mit ins Fliegen nehmen.

"Ich mag Bischofshofen sehr gerne und hoffe, dass die Bedingungen mitspielen. 2,5 Meter sind nix auf der großen Schanze", kommentierte der Bayer die Lücke zu Kobayashi. Die Marschroute: "Vollgas geben!"

Skisprung-Showdown bei der 72. Vierschanzentournee

Dass Wellinger in den entscheidenden Momenten die Nerven bewahren und Höchstleistung abrufen kann, hat der 1,84 Meter große und 64 Kilogramm leichte Athlet schon bewiesen. 2018 etwa, als er bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang auf der Normalschanze zum ersten deutschen Einzelgold seit Jens Weißflog (1994 in Lillehammer) sprang.

Aber: Auch Kobayashi ist ein Mentalitäts-Monster. Zweimal hat der Japaner die Tournee schon gewonnen, gehört neben Hannawald und Kamil Stoch als einziger dem Grand-Slam-Club an.

Das Finale der 72. Vierschanzentournee verspricht somit einen Skisprung-Showdown wie es ihn bei der legendären deutsch-österreichischen Schanzenserie schon länger nicht mehr gegeben hat. "Ich bin glücklich, dass es nach diesem Wind noch so knapp ist. Es bleibt total eng, es ist komplett spannend", kommentierte Skisprung-Papst Toni Innauer die Ausgangslage.

Dann legte sich der Österreicher auf den Tournee-Sieger fest: "Andreas Wellinger. Weil die Deutschen einfach auch mal wieder dran wären." Am ZDF-Tischerl am Bergisel widersprach ihm keiner.

Martin Armbruster

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