Als die Cleveland Browns am vergangenen Sonntag ihren bereits vierten Quarterback in dieser NFL-Saison auf das Feld schickten, hatten sicherlich viele eine vorgefertigte Meinung über den ehemaligen Super-Bowl-Champion Joe Flacco. Dabei konnte der 38-Jährige im Spiel gegen die Los Angeles Rams bewiesen, dass er noch nicht zum alten Eisen gehört.
Joe Flacco spielte einst College Football an einer kleinen Schule für die Delaware Fightin' Blue Hens und wurde 2008 in der ersten Runde an 18. Stelle von den Baltimore Ravens ausgewählt. Mit dem Team aus Maryland gewann er fünf Jahre später einen Super Bowl und wurde sogar zum MVP ausgezeichnet, als er in New Orleans mit einer schlagkräftigen Defense die San Francisco 49ers besiegte.
Danach erhielt Flacco einen hochdotierten Vertrag, der ihn noch heute dazu befähigt, nicht des Geldes wegen zu spielen. Mit Leistung konnte er die über 174 Millionen US-Dollar in seiner Karriere nicht mehr einspielen. Vor acht Jahren stand er zuletzt in den Playoffs.
Anschließend wechselte er von Baltimore zu den Denver Broncos und ein weiteres Jahr später zu den New York Jets. Er mutierte spätestens zum Wanderarbeiter, als er 2021 zuerst für die Philadelphia Eagles und dann wieder für die Jets im Kader aufgeführt wurde, aber kein einziges Spiel bestritt. Seinen bisher letzten Sieg feierte er im Vorjahr beim Sieg über die Cleveland Browns, für die er jetzt noch einmal aus dem vermeintlichen Ruhestand zurückgekehrt ist.
Flacco landet bei den Browns
Vor weniger als drei Wochen landete Joe Flacco auf dem Practice Squad der Browns. Da Spieler für den Kader am Spieltag bis zu dreimal auch von der zusätzlichen Reserve aus gemeldet werden dürfen, hat man sich entschieden, ihn dort auch vor dem Spiel am Sonntag gegen die Jacksonville Jaguars (ab 19 Uhr live bei RTL+) offiziell noch eine Zeit zu parken.
So muss kein weiterer Platz auf dem 53-Mann-Roster geschaffen werden und gleichzeitig sparen die Browns eine Menge Geld. Denn im Practice Squad überweist das Team seinem Veteran-Quarterback 64.722 US-Dollar. Wenn er im offiziellen Kader landet, wäre ein Mindestgehalt von 1,165 Millionen fällig.
Flacco spielt aber längst nicht mehr des Geldes wegen, sondern einfach, weil er es will und so noch einmal zeigen kann, dass mehr in ihm steckt als der "Journeyman" der letzten Jahre. Vielleicht ist er zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Denn mit den Browns befindet sich der ehemalige Ravens-QB weiter auf Playoff-Kurs.
Zur richtigen Zeit am richtigen Ort
Es ist "Joe Cool", wie ihn einst seine Mitspieler nannten, anzusehen, welche Freude er verspürt, wieder auf einem NFL-Feld zu stehen. Mit einem breiten Grinsen war er an der Seitenlinie und auch während seiner Drives im Spiel immer zu sehen, wenn die Kameras ihn einfingen.
Der "Pretty Boy" spielte seine ersten Snaps am Sonntag sehr gewissenhaft und überlegt. Zwar gab es wenig Zeit, um gleich das ganze Playbook einzustudieren, doch ein paar sauber angelernte Plays konnte er mit seiner Offense bereits aneinanderreihen. So brachte er zum Auftakt vier von fünf Pässe für 66 Yards an und warf einen kurzen Ball auf Jerome Ford, der diesen zum ersten Touchdown des Spiels verwandelte.
Bis weit ins vierte Quarter hinein machte Flacco keine Fehler und wirkte immer selbstbewusster in der Pocket. Als er sein in Rückstand liegendes Team dann aber selbst wieder auf die Siegerstraße zurückführen sollte, war dies nach nur wenigen Tagen Training vielleicht etwas zu viel verlangt. Seine Interception sechs Minuten vor dem Spielende entschied endgültig das Duell.
Positives Zwischenfazit
Dennoch fällt das Fazit positiv aus und die Fans der Cleveland Browns hoffen noch auf viel mehr. Einst mussten sie miterleben, wie ihre Franchise nach Baltimore umzog und dort mit vielen ehemaligen Spielern ihres Teams den Super Bowl gewann. Der Titel am Ende der Saison 2000 hätte eigentlich ihnen gehört, wie sie bis heute beteuern.
Wenn Joe Flacco als ehemaliger Quarterback der Baltimore Ravens auf seine alten Tage mit den Browns den Super Bowl gewinnt, dann würde sich hiermit ein Kreis schließen. Doch davon sind sie noch weit entfernt. Zunächst müssen die Playoffs erreicht werden und dann sind in der Postseason noch ein paar Spiele zu gewinnen, um das Endspiel zu erreichen.
Doch Flacco hat sich schon einmal von einer starken Defense so weit tragen lassen und spielte dann das größte Spiel seines Lebens. Wer weiß, was diese verrückte Saison für die Browns noch bereithält.
Philipp Forstner



































