Die Houston Texans sind in der NFL nach einigen mauen Jahren nun wieder im Playoff-Rennen und haben dies nicht zuletzt ihren Rookies zu verdanken. Doch nicht nur Quarterback C.J. Stroud ist hier zu nennen, auch sein kongenialer Partner hat großen Anteil am Erfolg.
Die Offense der Houston Texans ist in dieser Saison eine angenehme Überraschung in der NFL. In aller Munde ist dabei naturgemäß Rookie-Quarterback C.J. Stroud, der eine Lücke schloss, die mindestens seit 2021, der ersten Saison ohne Deshaun Watson auf dem Platz, Bestand hatte. Doch Stroud ist nicht der einzige Lichtblick. Ganz im Gegenteil, denn auch zwei Receiver spielten sich in den Vordergrund. Beim einen war das zu erwarten, beim anderen nicht unbedingt.
Strouds Top-Target ist nach Woche 12 nicht etwa der prototypische X-Receiver Nico Collins, der mit seinen 1,93 Metern (rund 98 kg) Gardemaß für einen Outside-Receiver in der NFL besitzt. Er deutete sein Können bereits in den Jahren zuvor im Zusammenspiel mit Davis Mills an, hat aber seit Strouds Ankunft nochmal einen gehörigen Schritt nach vorn gemacht.
Doch mit 73 Targets ist er derzeit nur auf Rang 2 der internen Rangliste zu finden. Rang 1 belegt ein weiterer Rookie. Die Rede ist von Drittrundenpick Tank Dell von den Houston Cougars. Der Lokalmatador führt die Texans derzeit mit 74 Targets an und zeigte bis hierhin Leistungen, die ihm in dieser Form vermutlich kaum jemand zugetraut hätte. Collins mag in Nuancen noch besser sein als Dell, doch jener hat als Rookie bereits die meisten Touchdowns für die Texans gefangen (7).
Tank Dell: Meiste Touchdowns aller Rookie-Receiver
Im Vergleich aller Rookie-Receiver - mit mindestens 25 Targets in der Saison - hat er zusammen mit Jordan Addison von den Minnesota Vikings die meisten Touchdowns. Und nur Rashee Rice (Chiefs) und Puka Nacua (Rams) haben mehr Yards pro gelaufener Route (2,24) auf dem Konto als Dell, der die zweitmeisten Receiving Yards (709) vorweist.
Dell tut dies mit der drittgrößten durchschnittlichen Passtiefe (14,4 Yards) aller Rookies. Er ist also gewissermaßen der Deep Threat des Teams. All das ist bemerkenswert, wenn man weiß, wie Tank Dell aussieht. Entgegen seines - mittlerweile in der NFL offiziellen - Namens ist Dell nämlich nicht wie ein Panzer (Tank) gebaut. Er ist gerade mal 1,73 Meter groß und wiegt auch nur rund 75 Kilogramm. Und dennoch fängt er 60 Prozent seiner Contested Targets (6/10), der höchste Anteil aller Rookies. Selbst sein hünenhafter Teamkollege Collins kommt nur auf 5/9 in dieser Kategorie.
"Tank" ist im Übrigen die Kurzform von "Tankhead", ein Spitzname, dem dem jungen Nathaniel seine Eltern in frühester Kindheit haben, weil sein "Kopf größer war als sein Körper", wie seine Mutter Porsche Dell "The Daytona Beach News Journal" verriet.
Und Dell spielt in erster Linie als Outside Receiver. Laut "PFF" ist er in 70 Prozent seiner Snaps außen postiert und nur in rund 30 Prozent im Slot. Bei seiner Größe hätte man das eher andersherum erwartet.
Dell lief bei der Scouting Combine den 40-Yard Dash in 4,49 Sekunden, doch wer ihn spielen sieht, bekommt den Eindruck, dass er viel schneller als das ist. Dell gewinnt vor allem durch seine scharfen, präzisen Routes und durch seinen schnellen Release an der Line vom Start weg. Es ist schwer, ihn zu packen.
Verteidiger respektieren seinen Speed und stehen beim Snap im Schnitt 6,9 Yards von ihm entfernt. Beim Catch hat er dann durchschnittlich 2,9 Yards Separation, was nicht die Welt ist, aber immer noch genug, um sicher an Bälle zu kommen. Sehr sicher sogar, denn lediglich zwei Rookies liefern ihren Quarterbacks ein höheres Passer Rating mit ihnen als Target als Dell (115,2).
Tank Dell: Der missglückte Eye-Test
Doch wo kam Dell eigentlich her? Und wieso musste er im Draft 2023 bis zur dritten Runde warten, ehe ihn die Texans zogen? Nun, Dell war eben schon immer recht klein für seine Position. Für viele College-Recruiter fiel er durch den Eye-Test und wurde daher nur kaum oder gar nicht berücksichtigt. So landete er nach der High School in Florida am Indepencence Community College in Kansas, das vielen sicherlich durch die Netflix-Dokumentation "Last Chance U" bekannt ist.
Dort konzentrierte man sich schnell darauf, seine Fähigkeiten nicht nur gewinnbringend einzusetzen, sondern sie auch zu präsentieren, schließlich sollte Dell doch noch über Umwege auf einem FBS-College landen. South Florida zeigte schnell Interesse, doch kam ein Commitment nicht zustande, weil der damalige Head Coach von USF, Charlie Strong, kurz vor der Entlassung stand und letztlich gehen musste. Besser lief es dann, als Tyron Carrier, ein damaliger Assistant Coach der Houston Cougars, auf ihn aufmerksam wurde.
Im November 2019 traf er sich dann persönlich mit Dell und nur zwei Tage später sagte der Wide Receiver zu. Von 2020 an spielte er drei Jahre für Houston und brillierte in seinen letzten beiden Saisons. Mit 109 Receptions für 1398 Yards und 17 Touchdowns in 13 Spielen positionierte er sich schließlich für den NFL Draft samt Einladungen zur Scouting Combine und dem Senior Bowl in Mobile/Alabama.
Und spätestens dort wurde auch die breite Masse auf ihn aufmerksam. Sein Trainings-Tape beeindruckte auf Social Media, obgleich Dell selbst das für übertrieben hielt. "Ich habe die Clips gesehen, aber ich war wirklich nicht allzu begeistert. Sie können all meine Brüder hier in Houston fragen, sie können sogar bis zu meiner High-School-Zeit in Mainland zurückgehen. Dies waren nicht mal einige der besten Routes, die ich schon gelaufen bin."
Dell räumte jedoch ein, dass die in Alabama gezeigten Routes ihren Zweck erfüllten: "Es war gut, denn es machte meinen Namen noch bekannter." Nicht bekannt genug jedoch für eine höhere Draftposition, doch dazu schien ihm abermals der Eye-Test im Weg zu stehen, den auch Scouts immer noch anwenden.
Dass es letztlich die Texans wurden, war dann aber wohl doch kein Zufall. Es war vielmehr auch ein Wunsch von C.J. Stroud, der Dell im Laufe des Draft-Prozesses kennen- und schätzen lernte. Dell erklärte später gegenüber Reportern, dass Stroud ihm via FaceTime am zweiten Tag des Drafts sagte, dass er dem Front Office der Texans signalisierte, dass er Dell gerne im Team hätte.
Wie viel Einfluss das letztlich hatte, ist unklar, doch deutete diese Anekdote bereits frühzeitig an, wie gut das Verständnis zwischen diesen beiden Rookies sein könnte. Auf dem Platz bestätigte sich das nun auch.
Marcus Blumberg



































