Woche 6 der NFL brachte einige Überraschungen und fragwürdige Situationen. Die New York Jets könnten sogar wieder im Playoff-Rennen sein, während es zahlreiche Gründe für die ersten Pleite der San Francisco 49ers in dieser Saison gab. Die Erkenntnisse der Woche von NFL-Redakteur Marcus Blumberg.
NFL: New York Jets sind wieder da
Wenn der überraschende Sieg der New York Jets über die Philadelphia Eagles eines mal wieder deutlich gemacht hat, dann, dass diese Jets jede Menge Hilfe brauchen, um dieser Tage ein Footballspiel zu gewinnen. Doch diese Hilfe bekamen sie nun schon häufiger. In Woche 1 hat Josh Allen das Spiel für die Bills mit vollen Händen weggeworfen mit seinen drei Interceptions. VOr einer Woche in Denver war es ein später Fumble von Russell Wilson und in Woche 6 nun hatte Jalen Hurts großen Anteil mit drei Interceptions.
Wahrlich keine Glanzleistungen, die wir besonders von den zwei Titelanwärtern gesehen haben, keine Frage. Aber die Jets-Defense hat natürlich ihren Teil dazu beigetragen und diese Turnover auch erzielt beziehungsweise erzwungen. Überhaupt hat es diese Defense nun schon mehrfach geschafft, die Jets im Spiel zu halten, sodass die kompromittierte Offense mit ihren beschränkten Mitteln am Ende doch den entscheidenden Schritt machen konnte - oder die Special Teams mit Gipsons Punt-Return-Touchdown in Woche 1.
Gegen Philly durfte Breece Hall kurz vor Schluss per Touchdown vollenden, nachdem Bryce Hall die abenteuerliche Interception gegen Hurts bis in die Red Zone getragen hatte. Die Eagles ließen den anderen Hall dann scoren, um Zeit und beide Timeouts zu sparen. Danach war nach vier verzweifelten Plays aber doch Schluss.
Diese Defense tat dies indes ohne ihre zwei Star-Cornerbacks Sauce Gardner und DJ Reed und schaffte es trotzdem, enge Coverage zu spielen und Hurts damit immer wieder zur Verzweiflung zu treiben. Da auch der Pass funktionierte, verlor er häufig die Geduld und traf suboptimale Entscheidungen oder warf ungenaue Pässe.
Und die Jets-Offense? Die war keine Hilfe. Vor dem geschenkten Touchdown am Ende war sie 0/3 in der Red Zone und 2/11 bei 3rd Down. Zach Wilson warf für 186 Yards (19/33) und kassierte fünf Sacks und zehn QB-Hits hinter einer zerschossenen Offensive Line. Ein Touchdown gelang bekanntlich erst ganz am Ende, weil die Eagles keine Gegenwehr leisteten. Warum also besteht Hoffnung für die Jets, ihre Saison doch noch zu retten? War das nur ein billiger Teaser, um Leser zum Klick zu bewegen?
Jets: Leichtes Programm nach der Bye Week
Nein, keine Sorge! Es gibt ein paar gute Gründe, warum es für die Jets weiter bergauf gehen könnte. Der erste ist der Schedule. Die Jets gehen jetzt mit 3-3 in ihre Bye Week, können sich also von einigen ihrer Blessuren erholen und neu aufstellen. Anschließend geht es gegen die Giants, Chargers und Raiders. Man muss jetzt kein zu großer Optimist sein, um in diesen Spielen mindestens mal zwei Siege für möglich zu erachten. Sogar drei sind nicht ausgeschlossen, denn die Giants sind nicht besser als Gang Green. Die Chargers sind bekannt dafür, Spielen aktiv wegzuwerfen und die Raiders könnten womöglich ebenfalls mit Backup-Quarterback antreten basierend darauf, wie schlimm die am Sonntag erlittene Rückenverletzung von Jimmy Garoppolo ist.
Die Jets könnten also Mitte November bei 5-4 oder gar 6-3 stehen, wenn es (sehr) gut läuft. Danach wird es schwierig gegen die Bills und Dolphins, doch im Anschluss kommen die Falcons und Texans... Stand jetzt sind die Jets nur ein halbes Spiel vom Rang 7 der NFL im Playoff Picture entfernt.
Und dann wäre da noch die vielleicht doch nicht ganz so vage Hoffnung, dass Aaron Rodgers womöglich doch nochmal eingreifen kann. Nur 34 Tage nach seinem Achillessehnenriss läuft er schon wieder ohne Krücken und warf vor dem Eagles-Spiel den Ball auf dem Feld. Das ist eigentlich unglaublich, zeigt aber, wie weit er jetzt schon gekommen ist. Wer weiß, wie realisisch ein Comeback im Januar wirklich ist, seine pure Anwesenheit aber könnte dem Team schon ein wenig mehr Schwung geben.
Es mag nicht ganz erklärlich sein, aber die Jets sind mit dieser Saison noch lange nicht fertig. Selbst die Playoffs sollten nach jetzigem Stand nicht ausgeschlossen werden. Zu eng geht es dafür derzeit in der AFC zu.
NFL: Haben wir Geno Smiths Schwachstelle gefunden?
Seit er im Vorjahr als Starter bei den Seattle Seahawks übernahm, war Quarterback Geno Smith vor allem für seine ruhige, abgeklärte Spielweise und gute Übersicht bekannt. Er traf schnelle Entscheidungen und verteilte den Ball gut. Zudem gewannen die Seahawks vor Woche 6 ihre vorherigen drei Spiele in Serie. Und auch in Cincinnati waren sie am Sonntag bis zum Ende nah dran. Allerdings gelang ihnen offensiv so gut wie nichts mehr nach der Pause.
Vielmehr warf Smith zwei Interceptions und die letzten beiden Angriffsserien der Seahawks endeten jeweils mit erfolglosen 4th Downs, einmal durch einen Sack und einmal mit einer Incompletion. Doch was machten die Bengals, um die sonst so produktive Offense Seattles kaltzustellen? Sie kam aus ihrer eigenen Comfort Zone heraus und spielte vor allem Zone Coverage.
Laut "Next Gen Stats" spielten in 81,6 Prozent der Dropbacks von Smith Zone, darunter auch bei Smiths beiden Interceptions. Er war 23/33 für 270 Yards und drei Sacks gegen Zone Coverage. Das ist nun nicht so schlecht, aber es hatte den Vorteil, dass weder DK Metcalf noch Tyler Lockett wirklich in der Lage waren, Matchup-Vorteile mit ihrer bloßen Anwesenheit zu erzeugen. Ebenso erschwerte diese Art der Coverage auch Scrambles von Smith, da die Verteidiger all Augen auf ihn gerichtet hatten und keiner mit dem Rücken zu ihm verteidigte.
Das Resultat war, dass Geno sehr lange den Ball halten musste, was auch dem Pass Rush half - Smith kassierte insgesamt vier Sacks und steckte 14 QB-Hits ein. Das führte dann mit fortlaufender Spieldauer auch dazu, dass er teilweise überhastet agierte und ungenau wurde. Und er übersah einen durchaus gelegentlich auch völlig offenen Metcalf mehrfach, weil ihm die Ruhe fehlte. Da wäre etwa ein Deep Crosser gewesen, ein anderes Mal eine Go Route, bei der er sehr viel Grün um sich hatte, aber nicht von Smith erblickt wurde.
Es wird spannend zu sehen, ob nun mehr Teams hauptsächlich Zone gegen die Seahawks spielen werden, jetzt, da ein Team gegen die gewann, das üblicherweise eher Man spielt und von der eigenen Stärke für dieses Matchup abkehrte.
NFL: Erste 49ers-Pleite: Let me count the Ways
Die 49ers haben ihr erstes Spiel der Saison verloren, dabei erstmals unter 30 Punkte nach acht solcher Spiele in Serie erzielt und noch dazu verlor Brock Purdy erstmals in der Regular Season. All das im Übrigen gegen ein Team, das mit PJ Walker nicht unbedingt einen elitären QB am Start hatte. Wie konnte das also passieren?
Hier gibt es jetzt viele verschiedene Ansätze. Positiv formuliert - und man muss ja positiv sein dieser Tage - lag es natürlich an der starken Defense der Browns. Sie setzte Purdy (12/27, 125 YDS, 3 Sacks) permanent unter Druck und zwang ihn zu zahlreichen schlechten Würfen. Zudem spielte man sehr gute Coverage gegen die zahlreichen Waffen der 49ers. Hut ab also für den Pass Rush um Myles Garrett (4 Pressures) und die Secondary um Martin Emerson.
Ein weiterer Grund waren die Verletzungen, die sich die Niners zugezogen hatten. Star-Receiver Deebo Samuel erlitt früh eine Schulterverletzung und kam nicht zurück, zwischendrin musste Left Tackle Trent Williams mit einer Knöchelverletzung raus und dann verlor man auch noch Running Back Christian McCaffrey, der sich an den Rippen und/oder den schrägen Bauchmuskeln verletzt hat. Und ohne die besten Skill-Player des Teams wird es auch für die 49ers schwer.
An dieser Stelle sei nochmal an die merkwürdige Ressourcen-Verteilung dieses Teams verwiesen. Running Back McCaffrey kostete das Team insgesamt vier Draftpicks, darunter Picks in den Runden 2, 3 und 4 im diesjährigen Draft. Zudem kostet er an echtem Geld circa elf Millionen Dollar in diesem Jahr. Ganz schön viel für einen Running Back, der im Scheme von Kyle Shanahan eigentlich ersetzlich ist.
Und dann nutzte man bekanntlich seinen höchsten Pick im Draft - in der 3. Runde - für einen Kicker, der bislang zu überzeugen wusste, nun aber mit seinem Fehlschuss aus 41 Yards das Spiel auf dem Gewissen hat.
49ers: Shanahans viertes Viertel wirft Fragen auf
Am Ende muss man dann aber auch wieder bei Shanahan anhalten und Fragen stellen. Der geniale Play Caller, der - wenn man böse ist - schon zwei Super Bowls auf dem Gewissen hat, lag mit seinem Team nach einem Touchdown früh im vierten Viertel 17:13 in Führung. Nach einem Field Goal der Browns schrumpfte der Vorsprung auf nur noch einen Punkt, aber auch nur noch etwas mehr als drei Minuten zu spielen. Es folgte jedoch einer dieser merkwürdigen Shanahan-Drives, die Spiele spät noch zum Kippen bringen können.
Er dauerte nur 25 Sekunden und gab Cleveland alle Chancen, das Spiel noch zu drehen: Incompletion samt Intentional Grounding, Completion, bei der der Receiver ins Aus ging und die Zeit stoppte, Incompletion und ein Punt. Wo war das von Shanahan so geliebte Run Game in der entscheidenden Phase des Spiels?
Und als man dann nach der erneuten Führung der Browns bis kurz vor die Red Zone marschierte, ließ Shanahan bei 2nd Down die Uhr so lange herunter laufen, dass letztlich bis auf ein 41-Yard-Field-Goal bei 3rd Down nicht mehr viel möglich war. Es wäre genug Zeit gewesen, noch etwas näher an die Goal-Stangen heran zu rücken, was schon deshalb sinnvoll gewesen wäre, weil es ziemlich heftig geregnet hat in Cleveland.
Unterm Strich hatte diese Pleite der 49ers sehr viele Ursachen. Die gute Nachricht dürfte daher sein, dass schon sehr viel zusammenkommen muss, um dieses Team zu schlagen. Aber möglich ist es allemal.
NFL: Mac Jones hat keine Zukunft in New England
Nachdem ich die zahllosen Probleme und Ursachen für die Situation der Patriots bereits in der Vorwoche aufgezählt habe, wäre es mühselig, das jetzt nochmal zu tun. Doch eines wurde in der neuerlichen Pleite in Las Vegas überdeutlich: Mac Jones ist nicht die Antwort!
Der Quarterback war erneut einer der Hauptgründe für die Pleite. Seine völlig unnötige Interception früh im Spiel war Sinnbild für sein derzeitiges Spiel. Er lief aus der Pocket und versuchte offenbar zu scrambeln, dann versuchte er einen Pass entgegen seiner Laufrichtung, was immer noch ein absolutes No-Go ist. Er überwarf seinen Receiver deutlich und der Ball landete beim Gegner. Das killte den bis dahin besten Drive seines Teams im Spiel.
Auch sonst war er wieder zu oft zu ungenau und verfehlte zu oft seine Targets. Pech hatte er, dass Wide Receiver Davante Parker seinen sicherlich besten Wurf im ganzen Spiel an der Seitenlinie fallen ließ. Es wäre ein großer Raumgewinn gewesen in der zweiten Hälfte. Zwischenzeitlich steigerte sich Jones dann, als man zum Quick-Passing-Game überging und ihn so dazu zwang, weniger nachzudenken und schneller zu handeln.
Ganz am Ende jedoch der nächste Rückschritt: er hielt den Ball zu lange und kassierte den Safety in der Endzone, der die Entscheidung bedeutete.
Mittlerweile darf man sicher sein, dass Mac Jones keine Zukunft mehr in New England hat. Der einzige Grund, warum er immer noch spielt, dürfte die Tatsache sein, dass es keine Alternativen gibt. Bailey Zappe war in Vegas der Notfall-QB zugunsten von Rookie Malik Cunningham, der erst Freitag in den 53er-Kader berufen wurde. Das für ihn angeblich installierte besondere Package führte indes bei seinem einzigen Snap im Spiel zu einem Sack und fünf Yards Raumverlust.
Und dann wäre da nur noch Will Grier, der vielleicht von allen drei Backup-Optionen am weitesten ist, aber nicht mal aktiv war für das Spiel. Erschwerend kommt für Jones und New England hinzu, dass die kommenden Gegner Buffalo (Sonntag, 19 Uhr live auf RTL) und Miami heißen. Danach könnte man bereits bei 1-7 stehen und sich langsam auf den Draft vorbereiten - unter welchem Regime dann auch immer.
Marcus Blumberg




































