Die FIA will Andretti als elftes Team in der Formel 1 etablieren, doch die möglichen Kontrahenten würden den Amerikanern am liebsten die Tür zuschlagen.
Elf Freunde müsst ihr sein! Das ist schon auf dem Fußballfeld ein Satz, der viel zu romantisch klingt, um wahr zu sein. Die Formel 1 ist noch weniger für Herzlichkeiten bekannt, Rivalität beginnt oft schon im eigenen Team. Am allerwenigsten willkommen sind in der Motorsport-Königsklasse aber Eindringlinge. Dem schillernden US-Bewerber Andretti, vom Weltverband FIA für würdig befunden, weht deswegen vorsorglich ein eisiger Wind entgegen.
"Ich glaube, dass die Formel 1 im Moment boomt, der Sport war noch nie so gut wie jetzt. Und ich glaube, wenn etwas nicht kaputt ist, sollte man es nicht reparieren", sagt Lawrence Stroll. Der 64-jährige Kanadier ist Selfmade-Milliardär, er machte Modelabels groß, kaufte die Automobil-Edelmarke Aston Martin und nennt das gleichnamige Formel-1-Team sein Eigen. Sein Sohn Lance fährt einen der grünen Rennwagen, er ist einer von nur 20 Formel-1-Piloten.
Andretti ab 2025 in der Formel 1?
Geht es nach der FIA, könnte es schon 2025 zwei Cockpits mehr geben - weil ein Team dazustieße: Andretti. Das ist kein Name wie jeder andere. Mario Andretti war Formel-1-Weltmeister, Sohn Michael eine IndyCar-Größe. Und er baute einen Rennstall mit Strahlkraft auf, feierte Erfolge in IndyCar und Formel E. Nun will Andretti in die Formel 1 expandieren, gemeinsam mit dem US-Autoriesen Cadillac. Und das in einer Zeit, in der Amerika der wichtigste Markt für die Formel 1 ist.
Für Stroll, der mit Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff gut befreundet ist und dessen Wort in der Szene Gewicht hat, zählt das nicht. Bereits jetzt trage die Formel 1 drei Rennen in den USA aus, welchen Mehrwert sollte Andretti da noch bringen?
Unter den Teambesitzern und Sportlichen Leitern erhält Stroll mit solchen Aussagen viel Zuspruch, denn sie alle möchten keinen Cent verschenken. Der kommerzielle Rechteinhaber Liberty Media schüttete 2022 satte 1,157 Milliarden US-Dollar an die Rennställe aus - Rekord. Ein neues Team müsste sich für "nur" 200 Millionen Dollar einkaufen, würde aber an diesem Kuchen partizipieren. Den etablierten Zehn stößt das auf, zumal jedes weitere Team auch ein Kontrahent im Kampf um dieselben Sponsoren wäre.
Nach der Zulassung durch die FIA, deren Reglement theoretisch sogar 13 Rennställe erlaubt, liegt der Fall Andretti nun bei Liberty Media. Der kommerzielle Rechteinhaber der Formel 1 wird ihn gründlich prüfen. Und die zehn Teambosse werden Serienchef Stefano Domenicali gebetsmühlenartig an seine Worte aus dem Frühsommer erinnern. Zehn Teams seien "mehr als genug" für die Show und das Business, sagte der Italiener damals. Der VIP-Club auf vier Rädern, er soll wohl nicht zu groß werden.
Die Fahrer freilich sind da offener. "Großartig" wäre der Einstieg von Andretti, sagte Rekordweltmeister Lewis Hamilton. Fernando Alonso schwärmte von einem "großen Namen für die Formel 1". Als Top-Angestellter von Stroll bei Aston Martin schob der zweimalige Champion aber hinterher: "Natürlich verstehe ich auch die Position des Teams."

