Als eine der großen Medaillen-Favoritinnen geht die Schweizerin Marlen Reusser am Donnerstag in das WM-Zeitfahren in Glasgow. Nach nur 16 Kilometern steigt sie vom Rad und bricht in Tränen aus. Ihre Begründung für ihre Aufgabe überrascht.
Eigentlich hatten sie im Schweizer Radsport-Lager fest damit gerechnet, am Donnerstag nach 36,2 Kilometern eine neue Medaillen-Gewinnerin in ihrem Team bejubeln zu können. Die 31-jährige Marlen Reusser ging als eine der großen Favoritinnen ins Rennen und sollte im Idealfall zum Titel, mindestens aber zu Edelmetall fahren. Doch daraus wurde nichts.
Reusser stieg bereits nach knapp der Hälfte der Renndistanz vom Rad, setzte sich an den Straßenrand und brach in Tränen aus. Ein Schock für das Schweizer Team. Noch mehr als die Aufgabe der 31-Jährigen überraschte ihre Begründung, die sie am Abend gegenüber "SRF" kundtat.
"Man kann sagen, ich bin verwöhnt"
"Ich hatte kein technisches Problem. In diesem Moment wollte ich aufgeben. Ich merkte, dass ich nicht ready war für dieses Zeitfahren, ich war nicht hungrig", gab die Bernerin offen und ehrlich zu. Zur Halbzeit hätte sie eigentlich aufdrehen müssen, aber "ich hatte keinen Bock und habe dann einfach gestoppt", nahm Reusser kein Blatt vor den Mund.
Erstaunlich reflektiert ergänzte sie: "Man kann sagen, ich bin verwöhnt. Bei mir hat selber schon die Kritik-Ratterei im Kopf angefangen. Aber ich habe es so gemacht und bin ok damit."
"Ich brauche Raum, um wieder Hunger zu bekommen"
Nach einer schweren Saison 2022 habe sie in diesem Jahr überaus viele Erfolge feiern können, erklärte die Schweizerin. "Nach der Tour de Suisse gings in ein Loch. Es kam nie der Moment, als ich durchschnaufen konnte. Es ging direkt weiter, mit der Tour de France und jetzt mit dieser WM", sprach sie von einer körperlichen und auch mentalen Überbelastung, die Tribut gezollt hat.
"Ich brauche Raum, um mal wieder etwas anderes zu machen. Um mich zu freuen, was alles passiert ist, um auch wieder Hunger zu bekommen auf das, was noch kommt", deutete die 31-Jährige eine Pause an. Von einem Schlussstrich ist sie dagegen noch weit entfernt. "Ich bin sicher, ich will weitermachen. Ich habe noch nicht genug vom Velo fahren", sagte Reusser, deren Aufgabe in der Szene hohe Wellen schlug.




