Während die Formel 1 weltweit boomt, herrscht in Deutschland Tristesse, die Motorsport-Königsklasse rollt zurück in eine Nische. Ein Sättigungseffekt, totales Desinteresse an einem Heim-Grand-Prix und fehlende Helden sind für AlhpaTauri-Teamchef Franz Tost die Gründe für das Trauerspiel.
"Da kommen verschiedene Faktoren zusammen", holte Tost im Interview mit sport.de aus: "Zum einen haben deutsche Formel-1-Fahrer in den letzten Jahren so viel gewonnen. Ein Michael Schumacher mit seinen sieben Weltmeister-Titeln, dann kommt Sebastian Vettel mit vier - da sind ja schon einmal elf Jahre mit WM-Titeln gepflastert. Da werden die Leute natürlich irgendwann einmal ein bisschen müde", sagte der 67-Jährige.
Der Sättigungseffekt sei vergleichbar mit dem deutschen Interesse am "Tennis", das nach dem Boom um Steffi Graf und Boris Becker "auch nicht mehr so vorhanden ist wie es vielleicht sein sollte".
Formel 1: "Autonation" Deutschland ohne Grand Prix stimmt Tost "traurig"
Zum anderen sei es "schade, dass es keinen deutschen Grand Prix mehr gibt", so Tost. Letztmals raste die Formel 1 in der Corona-Saison 2020 durch Deutschland, als der Nürburgring in den Rennkalender gehoben wurde und ein "Grand Prix der Eifel" stattfand.
"Deutschland ist eine Autonation und egal ob jetzt Nürburgring oder Hockenheimring - das sind zwei solch bekannte Rennstrecken mit einer Wahnsinns-Historie. Das stimmt mich schon traurig, dass man da nicht fährt und dass es zumindest bis jetzt keine Bestrebungen gegeben hat, den Grand Prix nach Deutschland zurückzuholen."
Alle anderen Länder versuchten "händeringend" ein Formel-1-Rennen zu haben, was "ja auch ein wirtschaftlicher Faktor ist", sagte der Tiroler. "Und in Deutschland ist kaum Interesse da." Um das Interesse zu wecken, sei ein "local national hero" zwar ganz wichtig, so Tost. Aber: "Es gibt auch Länder, da gibt es keine Fahrer und das Interesse ist vorhanden."
In der Saison 2023 ist mit Routinier Nico Hülkenberg nur ein deutscher Pilot am Start. Zu Hochzeiten fuhren sieben Deutsche in der F1.
AlphaTauri-Teamchef lobt F1-Bosse für PR-Kurs
Die Formel 1 sei mittlerweile "eine weltweit anerkannte Sportart geworden, die jeder haben will. Sponsoren nutzen die Bühne, um das Bewusstsein für ihre Marke zu schärfen oder für andere Marketing-Ziele zu erreichen. Es gibt kaum ein besseres Marketing-Tool als die Formel 1. Global Player haben das erkannt und deswegen boomt auch die Formel 1", sagte Tost.
Der AlphaTauri-Teamchef lobte die amerikanischen F1-Eigner von Liberty Media ausdrücklich für deren Expansionskurs. "Sie machen einen sensationell guten Job, wie sie die Formel 1 weltweit promoten und in den letzten Jahren nach oben gebracht haben."
Es sei wichtig gewesen, die zuvor unter Bernie Ecclestone eher verschlossene Rennserie "zu öffnen", so Tost. "Für Social Media, für Netflix, jetzt für den Film, der jetzt mit Brad Pitt gedreht wird - das sind alles Faktoren, die notwendig sind, um eine Sportart, die ohnehin schon populär war noch populärer zu machen und den Bekanntheitsgrad zu steigern. Das ist ganz toll."


