Simon Zachenhuber hat Box-Weltmeister Vincenzo Gualtieri den Fehdehandschuh hingeworfen und zum Kampf um dessen IBF-Titel im Mittelgewicht herausgefordert. "An uns Boxern liegt es nun nicht mehr", schrieb der 25-Jährige bei Instagram und markierte Gualtieri. Der Promoter des Weltmeisters bestätigt derweil Gespräche über ein deutsches WM-Duell.
Zachenhuber reagierte mit seinem Instagram-Post auf Gualtieris Interview mit sport.de. Er habe nach seinem WM-Sieg Anfang Juli in Wuppertal über den Brasilianer Esquiva Falcao "sehr, sehr viele Angebote" von potentiellen Herausforderern bekommen, hatte der IBF-Champion gesagt - darunter auch "zwei, drei aus Deutschland". Sollte Zachenhuber ihn herausfordern, "würde ich das auf jeden Fall annehmen". Der frühere Let's-Dance-Star hat jetzt via Instagram seinen Hut in den Ring geworfen.
Zachenhuber boxt zwar seit Ende 2022 im Supermittelgewicht (bis 76,2 Kilogramm), aber: "Für eine Weltmeisterschaft wäre Simon bereit, auch wieder ins Mittelgewicht zu wechseln", teilte sein Promoter "P2M" aus Hamburg mit: "Nach den Entwicklungen in den letzten Begegnungen ist er bereit für so eine Aufgabe." Zachenhuber hatte vor einem Monat in Rostock den EM-Gürtel der IBF im Supermittelgewicht gewonnen.
Gualtieris Promoter "Agon Sports" aus Berlin bestätigte Gespräche mit dem Zachenhuber-Lager. Um ein Event zu vermarkten, müsse man immer auch Geschichten erzählen, sagte Agon-Manager Horst-Peter Strickrodt: "Hier läge sie ja auf der Hand. Das wäre auch neben dem Boxen spannend. Es käme kein besserer Kampf infrage als Vincenzo Gualtieri gegen Simon Zachenhuber - sie haben die meisten Geschichten geschrieben."
Boxen: Rockys Schüler gegen Let's-Dance-Liebling?
Gualtieri wurde einst von Box-Ikone Graciano Rocchigiani entdeckt, machte unter "Rocky" die ersten Schritte im Profigeschäft. Einer seiner ersten Gedanken nach dem WM-Erfolg galt seinem 2018 verstorbenen Mentor. Zachenhuber wurde einem breiteren Publikum durch seine Teilnahme an der populären RTL-Show "Let's Dance" bekannt. Ende 2022 kürte ihn das Fachblatt "BOXSPORT" zu Deutschlands "Boxer des Jahres".
Strickrodt gab allerdings zu bedenken, dass eine "hochwertige Veranstaltung" wie Gualtieri gegen Zachenhuber "extrem teuer" sei. Ohne einen TV-Partner werde es schwer, eine breitere Masse jenseits des "Fachpublikums" zu begeistern. Es müsse für alle Beteiligten eine finanzielle Perspektive geben. Der Preiskampf sei "ein absolutes Geschäft und das muss am Ende für die Boxer auch lohnend sein", erläuterte der Manager.
"Wir brauchen die Reichweite über die TV- und Streaming-Anstalten. Sie müssten dann auch bereit sein, so etwas zu übertragen", sagte Strickrodt. Er hoffe, dass "seriöse Promoter wie Agon und P2M den sportlichen Nachweis erbringen und so wieder einen Zugang bekommen. Aktuell ist das aber noch nicht absehbar."
Auch Denis Radovan will Gualtieri vor die Fäuste
Gualtieri muss seinen WM-Titel laut IBF-Statuten binnen sechs Monaten (also bis 1. Januar 2024) gegen die Nummer 1 der Weltrangliste verteidigen. Die Plätze 1 und 2 des IBF-Rankings sind derzeit vakant, der am höchsten platzierte Boxer ist der Kölner Denis Radovan als Dritter. Und auch Radovan wird von seinem Promoter Kalle Sauerland in Position gebracht.
"Wir haben bei der IBF unsere Wünsche hinterlegt. Denis ist absolut bereit für den Kampf", sagte Sauerland zu sport.de: "Wenn wird den Kampf auch jetzt direkt machen können - und diese Möglichkeit gibt es nach Regeln der IBF -, dann auf jeden Fall. Das ist genau so ein Kampf, der das Box-Interesse in Deutschland wecken würde. Ein WM-Kampf zwischen zwei Deutschen, das hat was, das hat es lange nicht gegeben."
Der Kampf zwischen Gualtieri und Radovan werde entweder auf "freiwilliger" Basis kommen "oder wir werden das bei der IBF forcieren", betonte Sauerland. "Wir haben große Hoffnung, dass Agon das auch so sieht und der Kampf besser früher als später kommt."
Möglich ist auch, dass die IBF einen WM-"Eliminator" zwischen Radovan und dem Neuseeländer Andrei Mikhailovich (Nummer 4 der Rangliste) um die Rolle des Pflichtherausforderers ansetzt. In diesem Fall hätte Gualtieri Zeit, seinen Titel "freiwillig" gegen einen Boxer aus den Top 15 der IBF zu verteidigen. Zachenhuber steht bei dem Verband auf Platz 13 der Supermittelgewichts-Liste, würde von den IBF-Bossen aber sicher als Herausforderer von Gualtieri zugelassen.
Mit Vincent Feigenbutz (Platz 13), Alexander Pavlov (14) und Marten Arsumanjan (15) stünden im Mittelgewicht zudem drei weitere deutsche Kandidaten für einen WM-Kampf gegen Gualtieri bereit.
Martin Armbruster

