Auch wenn Max Verstappen (Red Bull) die beiden Freien Trainings zum Grand Prix von Spanien in Barcelona 2023 für sich entschieden hat: Langweilig waren die Sessions ganz und gar nicht! Sowohl im ersten als auch im zweiten Training gab es einige dicke Überraschungen. Und eine davon war aus deutscher Sicht besonders erfreulich.
Denn Nico Hülkenberg fuhr mit dem Haas, in den engen Gassen von Monaco noch hoffnungslos unterlegen, sensationell auf den dritten Platz, als in FT2 Qualifying geübt wurde. Dem 35-jährigen Routinier, der den Circuit de Barcelona-Catalunya von unzähligen Tests und Rennen wie seine Westentasche kennt, fehlten am Ende nur 0,270 Sekunden auf Verstappens Bestzeit.
Dass Barcelona gut werden könnte, hatte Hülkenberg schon vor dem Freitagstraining geahnt: "Die Strecke hier sollte uns besser liegen. Mehr flüssige Kurven, höhere Geschwindigkeiten. Wenn wir mal Melbourne und Dschidda als Referenz nehmen, dann sollten wir hier der Papierform nach in einer besseren Position sein."
Verstappen schon wieder nicht zu schlagen
Schnellster war aber letztendlich doch Topfavorit Verstappen, 0,170 Sekunden vor Lokalmatador Fernando Alonso (Aston Martin), der von vielen Experten als Geheimtipp für dieses Wochenende gehandelt wird und sich Chancen ausrechnet, ähnlich stark aufgestellt zu sein wie zuletzt vor einer Woche in Monaco - als erster Verfolger von Verstappen.
Der fuhr auf dem Weg zu seiner Bestzeit von 1:13.907 Minuten zu dem Zeitpunkt absolute Bestzeit im ersten und zweiten Sektor, verlor aber im dritten Sektor Zeit. Am Boxenfunk meldete er nach der schnellen Runde: "Nach Kurve 10 ist es tot." Was eindeutig mit den Daten auf dem Zeitenmonitor korreliert.
Kleine Randnotiz: Nach seiner schnellsten Runde erzielte Verstappen kurzzeitig auch im dritten Sektor Bestzeit, verbesserte damit aber seine persönliche Runde nicht. Am Ende war Lewis Hamilton (11./Mercedes/+0,642) Schnellster im ersten, Alonso Schnellster im dritten Sektor. Nur in Sektor 2 behielt Verstappen bis zum Schluss die Oberhand.
Angesichts des enormen Vorsprungs von Verstappen im ersten Training (0,768 Sekunden auf Platz 2) und des sehr geringen Vorsprungs von nur 0,170 Sekunden im zweiten Training kam während der Session die Frage auf: "Wie viele Sandsäcke hat Verstappen eigentlich noch drin?"
Und auch sonst gibt's softe Indizien dafür, dass der 25-Jährige nicht durchgehend am persönlichen Limit fahren musste. Zwischendurch hatte er die geistige Kapazität, am Funk zu fragen: "Ich höre ein Telefon klingeln. Ist es das von Helmut (Marko; Anm. d. Red.)?" Was sein Renningenieur Gianpiero Lambiase bestätigte: "Ja, ist es."
Weiter Fragezeichen bei Ferrari
Ob die Updates von Ferrari (unter anderem Seitenkasten) und Mercedes so wirken, wie sich die beiden Teams das erhofft hatten, lässt sich nach dem Freitagstraining nicht abschließend beurteilen. Der Zeitentabelle nach scheint weder Ferrari (P6 und P7) noch Mercedes (P8 und P11) einen ganz großen Sprung gemacht zu haben.
Das belegt auch der Blick in die Longrun-Daten, aufbereitet vom deutschen Technologieunternehmen PACETEQ, die Verstappen als klar schnellsten Fahrer der Rennsimulationen am Ende von FT2 ausweisen. Er fuhr mit dem Soft konstant tiefe 1:19er-Zeiten und war damit im direkten Vergleich um ein paar Zehntelsekunden schneller als Ferrari und um rund eine Sekunde schneller als Mercedes.
Hinter den Top 3 reihten sich im Ergebnis des zweiten Freien Trainings Verstappens Teamkollege Sergio Perez (+0,312), Esteban Ocon (Alpine/+0,335), Charles Leclerc (+0,339), Carlos Sainz (beide Ferrari/+0,367) und George Russell (Mercedes/+0,485) ein, die die Top 8 abrundeten. Bei allen anderen betrug der Rückstand auf die Spitze dann schon mehr als eine halbe Sekunde.
Auch bei den beiden McLaren-Piloten (P12/14), deren Auto in den schnellen Kurven von Barcelona bei weitem nicht so gut zu funktionieren scheint wie in den engen Ecken von Monaco; bei Kevin Magnussen (15./Haas), der diesmal um 0,536 Sekunden langsamer war als Hülkenberg; und bei Nyck de Vries (16./AlphaTauri/+0,878), der nicht an seinen vierten Platz zu Mittag anknüpfen konnte.