Vor der entscheidenden Woche beim Giro d'Italia liegt der deutsche Hoffnungsträger Lennard Kämna in Schlagdistanz. Ab Dienstag spitzt sich der Kampf der Favoriten zu.
Vor der heißen Phase des Giro d'Italia blieb Lennard Kämna völlig cool. Bester Laune scherzte der Kapitän von Bora-hansgrohe am letzten Ruhetag vor der kräftezehrenden Schlusswoche über seine Sympathie für Schlagermusik - und ließ sich trotz Platz sieben im Gesamtklassement nicht aus der Reserve locken. Nach fast 2600 Kilometern innerhalb von zwei Wochen will der deutsche Hoffnungsträger ab Dienstag aufdrehen. Seine Chancen stehen bestens.
Nur 3:02 Minuten trennen Kämna nach 15 Etappen vom Rosa Trikot des französischen Außenseiters Bruno Armirail, der Rückstand aufs Podium beträgt 1:50 Minuten. Mit seiner aktuellen Platzierung sei er "sehr zufrieden", so der 26-Jährige: "Für mich geht es darum, dranzubleiben. Mal sehen, wie die Beine nach dem Ruhetag sind. Danach können wir immer noch entscheiden, ob mehr geht."
Favoritenrolle beim Giro liegt bei anderen
Etwa auch der Sprung auf das Podest? Kämna bremste abrupt. "Ich muss erstmal locker bleiben", sagte er und verwies auf seine "erste Grand Tour aufs Gesamtklassement". Bloß kein zusätzlicher Druck, bloß keine falschen Erwartungen. "Mit den Top Ten wäre ich super zufrieden. Wenn vielleicht noch ein bisschen mehr drin ist, kann man die Zielsetzung ändern." Aber: "Ich werde nicht anfangen, irgendwelche Räume zu jagen, die ich selbst gar nicht habe."
Die Favoritenrolle liegt bei anderen. Etwa bei den früheren Tour-de-France-Siegern Geraint Thomas und Primoz Roglic, derzeit Zweiter und Dritter im Klassement. Oder auch beim Portugiesen Joao Almeida, für Kämna ebenfalls ein heißer Kandidat auf Rosa.
Dass große Attacken bislang ausblieben, überrascht ihn kaum. "Es gab viel Regen und auch deshalb wenig Action", sagte Kämna: "Es ging darum, keine Zeit zu verlieren. Wir werden noch genug Action haben." Auf vier der verbleibenden sechs Teilstücke dürfte der Klassement-Kampf toben, angefangen mit dem ersten Kracher nach Monte Bondone mit einem Schlussanstieg auf 1632 Meter Höhe - und Kämna mittendrin?
"Das Podium ist vielleicht in Reichweite"
Einen anderen Deutschen, der im vergangenen Jahr international für Furore gesorgt hatte, würde das nicht wundern. "Das Podium ist vielleicht in Reichweite", sagte Simon Geschke bei "Eurosport". Das Potenzial dazu habe Kämna "schon immer gehabt". Der Berliner Geschke hatte im vergangenen Jahr bei der Tour de France neun Tage lang das Bergtrikot getragen, ehe er es kurz vor Paris abstreifen musste.
Wer beim Giro-Schaulaufen in Rom am Sonntag in Rosa jubeln darf? Geschke tut sich schwer. "Für mich zeichnet sich noch kein klarer Favorit ab. Remco ist leider schon zu Hause", sagte er: "Ich denke aber definitiv, dass Primoz Roglic und Geraint Thomas und noch ein paar andere in den Top Ten das Rennen sehr spannend machen werden." Vielleicht ja auch ein gewisser Lennart Kämna.