Justin Lisso zählt zu den großen Nachwuchshoffnungen im deutschen Skispringen. In seiner Kolumne schreibt der 23-Jährige diesmal über seine Erfahrungen bei der Raw-Air-Tour und seine Pläne für den Saisonausklang.
Es war ein Spektakel, das ich in vollen Zügen genießen durfte - die diesjährige Raw-Air-Tour in Norwegen an den Standorten Oslo, Lillehammer und Vikersund. Ich bin einfach mega-glücklich, wie ich mich auf dieser Tour verkauft habe. Hätte mir man prognostiziert, dass ich Rang 28 in der Gesamtwertung erreiche, hätte ich diesen Wahrsager für verrückt erklärt.
In diesem von mir doch sehr geliebten Norwegen haben mich offensichtlich die Rahmenbedingungen zu Leistungen inspiriert. Es war eine lange Strecke, auf der jeden Tag ein Wertungsdurchgang zählt und das Reisen steckt man auch nicht immer so leicht weg, wie man es gerne hätte. Kommen die Sprünge aber und die sind gekommen, ist das schon die Hälfte der Motivation, die man braucht, um so ein Event mental durchzustehen.
Besonders beeindruckend war dann für mich natürlich wieder das Skifliegen in Vikersund. Nachdem ich beim Skifliegen in Planica etwas mit der Schanze und den Abläufen gefremdelt hatte, habe ich mich in Vikersund besser auf die Schanze und das Fliegen einstellen können. Bei uns in der deutschen Mannschaft gibt es durchaus unterschiedliche Meinungen zu der Frage, ob Skifliegen eine eigene Sportart ist.
Ich gehöre zu der Fraktion, die die Angelegenheit schon als sehr eigenständig betrachtet: 100 km/h in der Spur und kräftiges Arbeiten in der Luft, um den Sprung weit zu ziehen, sind zwei Kernaspekte, die zum normalen Skispringen doch sehr unterschiedlich sind. Ich habe es natürlich genossen, das zweite Mal in meinem Leben über 200 Meter geflogen zu sein.
Das war der schöne Abschluss der Raw-Air-Tour, den ich dann in Vikersund, ausnahmsweise mal nicht mit norwegischer Schokolade sondern mit einem indischen Mango-Curry im Kreise der deutschen Skisprungdamen und meinen Mannschaftskameraden gefeiert habe. Mit so viel positiver Energie verging der Rückflug nach München und die Weiterfahrt nach Oberstdorf sehr schnell.
In Oberstdorf habe ich dann das Kapitel Raw Air abgehakt: Krafttraining am nächsten Tag, Wäsche waschen, Koffer neu packen für das Springen im finnischen Lahti, das so langsam das Saisonende einläutet.
Mein Ziel ist, wieder anzugreifen, mich selbst und die Zuschauer mit guten Sprüngen zu verwöhnen, im Gesamtweltcup Punkte sammeln, um dann ein drittes Mal beim Skifliegen in Planica die Saison endgültig ausklingen zu lassen.
Eines kann ich jedoch jetzt schon sagen: diese Saison hat mich auf dem Weg zum dauerhaften Weltcupspringer ein gutes Stück weitergebracht. Wenn der letzte Sprung der Saison gesprungen ist, werde ich schon am nächsten Tag auf den kommenden Weltcupstart brennen.
Herzliche Grüße
Justin Lisso




