Der erfolgreichste deutsche Skisportler aller Zeiten tritt ab: Am legendären Osloer Holmenkollen verkündete Eric Frenzel sein Karriereende. sport.de blickt auf eine einzigartige Karriere zurück und auf das, was ihn prägte und auszeichnet.
So wie alles seine Zeit hat, hat jede Zeit auch ihre Helden. In der Nordischen Kombination, so außergewöhnlich wie sie als Sportart auch ist, ist das nicht anders. In den letzten 15 Jahren wurde diese von einem Mann geprägt wie von keinem anderen.
Dieser Mann hat alles gewonnen, was man gewinnen kann – und das mehrfach. Die Liste seiner Auszeichnungen und Ehrungen ist entsprechend lang. Bei allem Erfolg ist Eric Frenzel aber vor allem eins: Immer Mensch geblieben.
Ob bei seinen drei Olympiasiegen, den fünf Weltcup-Kristallkugeln, die er in Folge abräumte, oder seinen sechs Weltmeistertiteln: Der 34-Jährige wusste immer, bei wem er sich zu bedanken hatte. So auch nach seiner 18. WM-Medaille jüngst in Planica, die ihn zum erfolgreichsten Medaillensammler bei Weltmeisterschaften machte. Der Dank ging stets an seine Wegbegleiter und seine Familie.
"Ich bin denen, die mir diese Karriere ermöglicht haben, von der Familie bis hin zu meinen Trainern, außerordentlich dankbar und verneige mich vor allen, die einen wohlwollenden Anteil an meiner sportlichen Biografie genommen haben, insbesondere vor jedem einzelnen Anhänger und Zuschauer", schrieb er in seiner Rücktrittserklärung. Große Worte eines Champions, der nie vergessen hat, wo er herkommt.
In Oberwiesenthal legte der einst so introvertierte Athlet sein Abitur ab und wurde fast zur selben Zeit erstmals Vater. "Man konnte den jungen Eltern beim Reifen zuschauen, das brachte diese Verantwortung mit sich", erinnerte sich sein langjähriger Wegbegleiter und Manager Stephan Peplies im Gespräch mit sport.de und sah in dieser außergewöhnlichen Konstellation sogar einen Erfolgsfaktor für die steile Karriere seines Schützlings: "Das hat den Erfolg für ihn vielleicht sogar zwingender werden lassen, denn desto besser war die existenzielle Grundlage für diese junge Familie. Er hat dadurch ernsthafter gearbeitet als manch anderer, das war ein Treiber für ihn."
Eric Frenzel: Im Sport erfolgreich, als Mensch bodenständig
Für Frenzel war das Sportlerleben nie eine Einbahnstraße, er gab stets auch etwas zurück. "Er war immer bereit, sein Wissen weiterzugeben und sich zu jeder Stunde einzubringen. Das hat man nicht oft", schilderte sein Heimtrainer Frank Erlbeck im Gespräch mit sport.de. Dem Stützpunkt Oberwiesenthal blieb er stets treu, auch wenn er im August 2018 zu seinem Heimatverein, dem SSV Geyer zurückkehrte.
"Dass man als Trainer mit so einem Menschen arbeiten durfte über viele Jahrzehnte, ist ein absolutes Geschenk", adelte Erlbeck und bekräftigte: "Seit 2009 lieferte er bei jedem Großereignis immer mindestens eine Medaille ab. Das ist mehr als nur außergewöhnlich. Eric gehört in die Hall of Fame des deutschen Sports."
Darauf angelegt, viel Aufmerksamkeit zu bekommen und von allen gemocht zu werden, hat es Erlbecks Schützling nie. Und doch hatte er 2018 bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang die Wahl zum Fahnenträger bei der Eröffnungsfeier durch Fans und Aktive gewonnen. "Das alleine spricht für sein Standing", meinte Erlbeck treffend.
Mehr dazu: Eric Frenzel im sport.de-Interview
So richtig auf ging Frenzels Stern gut zehn Jahre vorher: Bei seinem erst elften Weltcup-Start feierte er am 20. Januar 2008 in Klingenthal seinen ersten von 43 Weltcupsiegen und das im zarten Alter von 19 Jahren. Bis heute war kein deutscher Kombinierer so jung bei seinem ersten Weltcupsieg – und das sollte nur die erste von vielen Bestmarken sein, die Eric Frenzel in den kommenden 15 Jahren aufstellen sollte.
Wer sich so lange in der Weltspitze einer Sportart hält, die aus zwei Disziplinen besteht, die verschiedener kaum sein können, ist ein seltenes Exemplar Athlet. Das lässt sich auch daran ablesen, dass Frenzel zwei Weltcupsiege in einem vergessenen Format namens "Penalty Race" einfuhr. Welcher Wettkampf auch immer anstand, welche Konkurrenten auch immer emporwuchsen – er überlebte sie alle.
Und auch wenn seine großartige Karriere am kommenden Wochenende in Lahti, wo er zwei Mal Weltmeister wurde, zu Ende geht: Sein Name wird auf ewig in großen Buchstaben in den Geschichtsbüchern der Nordischen Kombination stehen.
Luis Holuch
