Das spektakuläre Tischtennis-Projekt TTC Neu-Ulm zieht sich mit einem Knall aus der Bundesliga zurück.
Niederschmetternde Eskalation des Streits im deutschen Tischtennis: Das spektakuläre Projekt TTC Neu-Ulm zieht sich mit einem Knall aus der Bundesliga zurück. Der Pokalsieger und Champions-League-Halbfinalist werde keinen Lizenzantrag für die TTBL-Saison 2023/24 mehr stellen und bitte um die Einstufung als "freiwilliger Absteiger", schrieb der TTC in einem Brief an den Liga-Geschäftsführer Nico Stehle.
Das mit Stars gespickte Team, darunter der deutsche Olympiadritte Dimitrij Ovtcharov, gehe diesen Weg "schweren Herzens" und wolle sich auf die Königsklasse konzentrieren. "Die Strafverfahren gegen die Spieler Truls Möregardh und Lin Yun-Ju und die daraus resultierenden Unsicherheiten für Vertragsverlängerungen mit diesen Spielern machen eine Gesamtplanung TTBL/Pokal/Champions League (...) bis zu einer Entscheidung durch das Schiedsgericht unmöglich", heißt es in dem Brief.
Die beiden Topspieler aus Schweden bzw. Taiwan waren Ende Januar unerlaubt für Vereine im Ausland angetreten. Die Liga verhängte daraufhin je 10.000 Euro Vertragsstrafe und eine Sperre von zehn Spielen, die mit Beginn der kommenden Saison greifen soll. Beide Spieler hatten das Pokalfinale abgewartet, damit aber die Frist für einen Wechsel zur Rückrunde versäumt. Der TTC räumt den Verstoß ein, Streitfrage ist der Zeitraum der Sperre.
"Dass der Abschied gerade jetzt nach dem so grandios gewonnenen Final Four (im Pokal, d. Red.) vor toller heimischer Kulisse erfolgen muss, das ist bitter und tut allen Beteiligten richtig weh", sagte der TTC-Vorsitzende Florian Ebner.
Tischtennis-Bundesliga-Chef hat wenig Verständnis
TTBL-Chef Stehle hat dafür wenig bis gar kein Verständnis. "Wir bedauern den Rückzug, aber der TTC hat vorsätzlich gegen die Regularien verstoßen. Es geht dem Verein anscheinend gar nicht um die Bundesliga, sondern lediglich um den Pokal und die Champions League", sagte er dem SID. "Sie führen den Verzicht auf einen Lizenzantrag auf die ausgesprochenen Strafen zurück, da werden wir als Hüter der Regularien gar nicht respektiert."
Auch Ovtcharov hatte mit einem zügig wieder gelöschten Instagram-Post seinen Abschied angedeutet. Darin kritisierte er zudem die Doppelrolle von Andreas Preuß als Manager des größten Ligakonkurrenten Borussia Düsseldorf und Aufsichtsratschef der TTBL. Die Liga wies den Vorwurf der Parteilichkeit scharf zurück.
Ebner aber legt nun nach: "Den (...) Interessenskonflikt empfindet der TTC Neu-Ulm seit letzten Sommer eher als Nutzung der Macht zur Einflussnahme." Die Strafen seien anscheinend nicht an Regeln oder Verträgen, sondern "mehr an dem Wunsch von Geschäftsführung und Aufsichtsratsvorsitzendem orientiert".
Der TTC Neu-Ulm, vor vier Jahren neu gegründet, hatte 2002 vier Starspieler aus den Top 10 der Weltrangliste auf einen Schlag verpflichtet. Klares Ziel ist der Triumph in der Champions League, die besten Spieler - auch Ovtcharov - treten in der Bundesliga in aller Regel nicht an.
