Kira Weidle kann ihre Silberfahrt von 2021 nicht wiederholen. Beim Überraschungssieg der Schweizerin Jasmine Flury im WM-Abfahrtsrennen gehört sie wie viele Favoritinnen zu den Geschlagenen.
Kira Weidle verstand die Welt nicht mehr. Ein schneller erster Blick auf die Anzeigetafel - dann brach der Frust aus ihr heraus. "Maaaann, Maaann, Maaann", schrie sie durch den Zielraum, dann schlug sie die Hände vors Gesicht. Ihre Fahrt war "gefühlt" gut gewesen, doch die Platzierung machte sie fassungslos: "Ich dachte, das gibt's nicht."
Leider doch: Nach Silber vor zwei Jahren diesmal nur Rang acht in der WM-Abfahrt, "ja", sagte Weidle (26) enttäuscht, "das ist natürlich nicht das Ergebnis, was wir uns alle gewünscht haben."
Das Rätsel schien für sie erst recht unlösbar, weil in Jasmine Flury aus der Schweiz eine krasse Außenseiterin die Gunst der Stunde nutzte und zu Gold fuhr - und Nina Ortlieb aus Österreich Silber holte (0,04 Sekunden). Beide als Zweite und Fünfte früh ins Rennen gegangen, wer danach kam, fing sich bereits im oberen Streckenteil der Piste Roc de Fer in Meribel Rückstände ein. "Es ist natürlich auffällig, die vorderen Nummern", sagte Weidle (+0,61). Woran es gelegen habe, "ob es die Sonneneinstrahlung ist, ob es der Wind ist, weiß ich nicht".
Achselzuckend zog sich Weidle daher auf die diesmal wenig aufmunternde Feststellung zurück, dass die großen Medaillenrennen oft die vielbeschworenen eigenen Gesetze haben - wofür sie vor zwei Jahren selbst den Beweis geliefert hatte. "Es ist mal wieder eine WM, ein Großereignis, man sieht es am Ergebnis: Überraschungen durch und durch. Und, wie gesagt, schade, weil es einfach nicht das Ergebnis ist, was ich wollte", sagte sie. Nicht gut lief es auch für Emma Aicher: Die 19-Jährige stürzte nach einem Fahrfehler, war aber schnell wieder auf den Beinen.
Beinahe-Sturz bei Sofia Goggia
Das Endresultat war in der Tat ein unerwartetes: Von den zahlreichen Anwärterinnen auf eine Medaille schaffte es nur Titelverteidigerin und Olympiasiegerin Corinne Suter aus der Schweiz (+0,12) aufs Siegerpodest. Ansonsten: Die große Goldfavoritin Sofia Goggia aus Italien wurde nach einem Beinahe-Sturz und einem "Einfädler" disqualifiziert; Ilka Stuhec, Weltmeisterin 2017 und 2019, verlor ebenso wie Weidle zu viel Zeit im oberen Drittel und wurde Sechste.
Jasmine Flury verfolgte all dies mit Tränen des Glücks in den Augen. Kein Wunder: In der vergangenen Woche war die 29 Jahre alte Davoserin krank gewesen - nichts ging. Im Weltcup hatte sie erst einmal auf dem Podest gestanden, ihre Vita wies bisher nur einen Sieg vor sechs Jahren im Super-G und einen zweiten Platz in der Abfahrt aus. Wenig überraschend bekannte sie daher: "Ich weiß nicht was ich sagen soll, ich kann es nicht glauben. Es ist wunderbar, einfach unglaublich, es fühlt sich so unwirklich an."
Derweil stand "Speed Queen" Goggia, Olympiasiegerin 2018 und Olympia-Zweite 2022, mit versteinerter Miene im Ziel. "Ich bin sehr traurig, weil ich meine Leistung nicht gebracht habe. Ich bin enttäuscht, ich kann mir aber keine Vorwürfe machen", sagte sie.
