Vor fünf Jahren gewann Thomas Dreßen sensationell die Abfahrt in Kitzbühel. Bei seiner Rückkehr auf die Streif sind die Erwartungen eher gering.
Kitzbühel (SID) Es ist wie das Wiedersehen mit der ersten großen Liebe. Thomas Dreßen jedenfalls ging gleich das Herz auf, als er am Dienstag die tatsächlich ja furchteinflößende Streif in Kitzbühel herunterfuhr - nicht am Limit, es war ja nur die erste Trainingsfahrt, aber: egal. "Ich kann mich kaum erinnern", sagte der erfolgreichste, allerdings in den vergangenen Jahren auch so leidgeplagte deutsche Abfahrer, "dass ich so einen Spaß hatte."
Fünf Jahre ist es her, als Dreßen nahezu aus dem Nichts auf der herausfordernden "Streif" den ersten Weltcup-Sieg seiner Karriere feierte - es war ein Erweckungserlebnis. Es folgten weitere Erfolge, verbunden mit der berechtigten Hoffnung auf eine große Karriere in der alpinen Königsdisziplin. Doch es kam anders. Schwere Verletzungen, Operationen - dieser Tage ist Dreßen erst mal froh und erleichtert, dass er mitteilen kann: "Das Gestell hält, ich fühle mich gut."
Kitzbühel, das ist nicht irgendein Ort im Weltcup - für Dreßen gleich gar nicht. Seit seinem Sieg ist er auf der Streif nur noch im Januar 2020 gefahren, mitten in der ersten Comeback-Saison, die Ergebnisse waren bescheiden damals: 17. und 26. wurde er. Dreßen hat, begründet durch sein Können, grundsätzlich andere Ansprüche - doch er weiß auch, dass er sich derzeit damit zufrieden geben muss, überhaupt wieder Rennen fahren zu können.
Als ihn nach seinem erneuten Comeback mit einem großartigen achten Rang in Lake Louise drei Wochen später in Gröden eine Muskelverletzung erneut aus dem Rennbetrieb warf, wirkte er verständlicherweise geknickt. Beim Weltcup in Wengen, beim Wiedereinstieg am vergangenen Wochenende, schien er deshalb wie vom Glück geküsst. Dreßen kämpfte mit den Tränen, seine Emotionen konnte er nur mit Mühe zurückhalten: "Für mich ist es einfach so schön, dass ich jetzt wieder da sein kann."
Seinen Start in Wengen hatte Dreßen mehr oder weniger selbst durchgesetzt. Dass er nach der Verletzung am Lauberhorn kein ernsthafter Konkurrent sein würde, wusste er. Mit Blick auf Kitzbühel wollte er jedoch einen Härtetest absolvieren. Dreßen belegte Rang 23 und war zufrieden. "Der Weg ist auf alle Fälle gut", sagte er. Will heißen: Der 29-Jährige hat wieder Sicherheit gewonnen, er vertraut seinem Körper - für Starts auf der Streif eine elementare Voraussetzung.
An erster Stelle stehe für ihn, "dass ich wieder Spaß habe", betonte Dreßen. Der sei ihm nach dem "super Start" in die Saison Ende November abhandengekommen, weil er "zu sehr fokussiert aufs Ergebnis" gewesen sei: "Ich habe mich nicht mehr aufs Skifahren konzentriert." Das ist nun offensichtlich anders. Und schon ist der Spaß zurück.