Als das euphorische Ruhpoldinger Publikum Benedikt Doll zu einem Spitzenergebnis nach vorne peitschte, schauten die Fernsehzuschauer in die Röhre. Ein mehrmaliger Blackout hat beim guten Start des Hoffnungsträgers in den Heim-Weltcup bei einem Millionenpublikum für Verwirrung gesorgt. Johannes Thingnes Bö ließ sich im Einzel von all dem Chaos mal wieder nicht beirren. Der Dominator feierte nach 20 Kilometern seinen 60. Weltcupsieg, den achten im elften Saisonrennen.
Anders als der überragende Norweger wusste der deutsche Vorzeige-Biathlet Doll bei den Interviews erst gar nicht so genau, was seine gute Leistung mit nur einer Strafminute eigentlich wert war. Denn gleich mehrere Stromausfälle legten die Chiemgau-Arena minutenlang lahm. "Auf der Schlussrunde habe ich keine Zeiten bekommen. Die haben halt ihre Stromrechnung nicht gezahlt", scherzte Doll bester Laune. Letztlich reichte es zu einem starken sechsten Platz.
Roman Rees konnte weniger über den ungewöhnlichen Blackout lachen. Er habe während seines dritten Schießens gemerkt, "dass alles duster wurde. Das war schon ein Problem und ein bisschen unfair, weil es einen Unterschied macht, unabhängig davon, wie groß der jetzt ist. Es hat mich schon ein bisschen beeinträchtigt, weil das etwas die Sehschärfe wegnimmt", haderte der mit Rang 13 zweitbeste Deutsche.
Auch der Viertplatzierte Sturla Holm Lägreid klagte: "Beim letzten Schießen ist es dunkel geworden, da war es schwierig, das Ziel zu sehen. Ich hatte einfach Pech." Dass er genau wegen dieses einen Fehlers den Sieg verpasst habe, sei natürlich "doof".
Nach Wettkampfende diskutierte die Jury des Weltverbandes IBU deshalb zunächst auch länger, ob das Rennen überhaupt gewertet werde. Letztlich entschied sie sich dafür, da die Zeitmessung durch Akkunutzung stets abgesichert gewesen sei. Die dunkleren Verhältnisse seien zudem keine entscheidende "Intervention" gewesen.
Das sah auch Mark Kirchner so. "Ich denke, dass es für alle machbar war, ein gutes Schießen hinzukriegen, auch wenn die Sicht nicht ganz so hell war", urteilte der deutsche Cheftrainer.
"Ein Rumgestolper in 20 Zentimeter tiefem Sulz"
Von seinen Athleten schmeckte die Wertung des Rennens vor allem Doll. "Ich bin sehr zufrieden", sagte der ehemalige Weltmeister: "Stehend endlich fehlerfrei - im Schießen läuft es gut." Die Kulisse von 10.000 Zuschauern sei "echt cool" gewesen: "Das trägt einen, es ist eine große Ehre."
Vom zwischenzeitlichen Ausfall von Zwischenzeiten, TV-Übertragung oder Video-Leinwand ließ er sich als einer der wenigen ebenso wenig aus der Ruhe bringen wie von der einsetzenden Dunkelheit.
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Dabei waren die Bedingungen in Ruhpolding angesichts der warmen Temperaturen der vergangenen Wochen ohnehin schon schwierig genug, durch den Wald zog sich lediglich ein schmales weißes Band. "Das war ein Rumgestolper in 20 Zentimeter tiefem Sulz. Man steckte teilweise bis über den Schuh im Sumpf, das hat brutal Energie gekostet", klagte Rees, dem während des ersten Stromausfalls einer seiner beiden Fehler unterlief.
Am Donnerstag (14.10 Uhr/ARD und Eurosport) geht Hoffnungsträgerin Denise Herrmann-Wick dann bei hoffentlich funktionierenden Strom-Aggregaten erstmals auf die mühsam präparierten Strecken in ihrer Wahlheimat. Für Freitag und Samstag sind die Staffeln von Männern und Frauen angesetzt. Zum Abschluss des Heim-Weltcups stehen am Sonntag die WM-Generalproben im Massenstart an.