An den kommenden beiden Wochenenden finden die Skisprung-Weltcups der Damen in Sapporo und Yamagata statt. Die Deutsche Anna Rupprecht hofft auf eine Leistungssteigerung in Japan, wie sie in ihrer sport.de-Kolumne schreibt.
Der Airbus der Japan Airlines rollt an zum take-off, hebt ab und zieht eine lange Kurve über Frankfurts Stadtteil Sachsenhausen. Während unter uns wohl gerade Äppelwoi getrunken wird, sind wir auf dem Weg in das Land, dessen Bewohner sich eher an Sake erfreuen, dem weißlich-trüben Gebräu aus poliertem Reis, das Deutsche gerne irreführend als Reiswein bezeichnen. Schnell beende ich meinen gedanklichen Exkurs über Trinksitten in den Ländern dieser Welt und stimme mich auf den zehnstündigen Direktflug nach Tokio ein.
Der Blick nach hinten macht zufrieden. Die Silvester-Tournee in Slowenien und Österreich hat mich ein gutes Stück weitergebracht. Mit den Platzierungen 15,12,7 und 5 in den Einzelwettkämpfen und einem 7.Platz in der Gesamtwertung bin ich sehr zufrieden. Die Sprunganalyse zeigt überdies weiteres Potential; oftmals konnte ich den Absprung zum zweiten Flug nicht so gut setzen, wie es möglich gewesen wäre und ich habe oft Wertungspunkte dadurch liegengelassen, dass ich die Landung ohne Telemark vollzogen habe.
Für den Blick nach vorne bedeutet dies: arbeitet man konsequent an beiden Fehlerquellen, dürfte in Japan an den zwei Wettkamporten in Sapporo und Yamagata leicht mehr drin sein.
Der Jumbo hat nun Reisehöhe und wir haben den deutschen Luftraum längst verlassen. Die Freude auf die Wettkämpfe in Japan, nach zwei Jahren covidbedingter Zwangspause, ist gleichzeitig die Freude auf die japanischen Menschen und ihre Kultur.
Bei geschlossenen Augen laufe ich in meiner Vorstellung bereits durch das Straßengewirr Tokios, inmitten leuchtender Neonreklamen der Imbisse, die anstelle von Bratwurst und Leberkäse bereits schon als Frühstück Nudelsuppe und Miso anbieten, auch eine Suppe, mit den je nach Jahreszeit unterschiedlichsten Zutaten von Spinat und Kürbis über Okra bis hin zu frittiertem Tofu und Meeresalgen.
Linksverkehr und lustig piepsende Ampeln komplettieren das tägliche Bild in japanischen Strädten, das bei uns Europäern schnell zur Reizüberflutung führt und das die Japaner mit großer Gelassenheit, Disziplin und Ruhe füllen. Das ist wiederum der Brückenschlag zu den Wettkämpfen hier in Japan, die allesamt immer top-organisiert sind.
Nach ein paar Stunden Schlaf werde ich pünktlich zum Landeanflug wieder wach. Ich bin wieder in Gedanken bei meinen Sprüngen, gehe die Analysen der letzten Tage durch, halte mir nochmal die Absprünge in den zweiten Durchgängen vor Augen. Während die Fahrwerke ausfahren und wir die Wolkendecke durchstoßen, gehe ich meine Landung nach dem Skisprung durch, der in einem wohlgesetzten Telemark endet, während der Pilot sehr sanft aufsetzt.
Zwei Weltcups in Japan liegen vor mir. Ich wünsche mir hier weitere Top-Ten-Platzierungen, so dass ich am Tage des Abflugs sagen kann: Big in Japan!
Herzliche Grüße
Anna Rupprecht



