Skispringerin Anna Rupprecht zählt zu den besten ihres Fachs. Die Mixed-Weltmeisterin von 2021 hat nun in ihrer Kolumne für sport.de die klare Forderung nach Gleichberechtigung in ihrem Sport gefordert.
Das Selbstverständnis unseres Damenteams geht dahin, dass der Weltcup für uns erst so richtig in Lillehammer gestartet ist und seine Fortsetzung in Titisee-Neustadt gefunden hat – über das Mattenspringen in Wisla Anfang November redet keiner mehr: ein Event ohne Erinnerung.
Dagegen haben die Wettkämpfe in Norwegen und Deutschland gezeigt, wo das Damen-Skispringen steht und dass wir im Kommen sind. An beiden Standorten starteten wir bei tollen Winter- und Wetterbedingungen vor einem eben so tollen Publikum, das so manche Athletin in den Schanzenauslauf mit seiner Begeisterung förmlich heruntergetragen hat.
Man spürt eine Professionalisierung bei den Athletinnen quer durch die Nationen und sowohl Leistungsentwicklung als auch Leistungsdichte haben zugenommen und das spüren die Zuschauer vor Ort oder an den Fernsehbildschirmen draußen in der Welt. Damenskispringen rockt!
Und das spürt man auch bei uns im Team, in dem miteinander trainiert und sich gegenseitig gepusht wird, das aber auch gemeinsame Shoppings durchführt, um den "fashionstyle" anderer Länder zu erspüren. Natürlich ist die Krönung des Miteinanders der Erfolg, so wie wir ihn in Titisee zusammen feiern konnte, als eine von uns, in diesem Falle Katharina Althaus, den Tagessieg ins heimische Team bringen konnte.
Gleichberechtigung im Sport eine ernste Angelegenheit
Der Spaß, den wir haben, pflanzt sich bis ins Doppelzimmer fort, das ich mit Pauline Hessler teile, die nicht nur denselben Ordnungssinn wie ich hat, sondern auch in modischen Fragestellungen glänzend mit mir harmoniert.
Es macht Spaß und wir haben alle das Gefühl, dass wir auf einem guten Weg sind. Getrübt wurde diese Sonnenstimmung durch die Nachricht, dass in der nächsten Saison noch nicht mit der Umsetzung einer Damen-Vierschanzentournee zu rechnen sei. Man fragt sich eigentlich, worauf gewartet wird.
Die Gleichberechtigung der Frauen im Sport ist eine ernste Angelegenheit und spiegelt die Entwicklung in der gesamten Gesellschaft. Es geht mir ehrlich gesagt, nicht schnell genug und es gibt für Verzögerungen keine Argumente; insbesondere die benannten Assets "Leistungsentwicklung", "Leistungsdichte" und "Zuschauerinteresse" sprechen eine deutliche Sprache.
Vor diesem Hintergrund ist es schlicht nicht zu verstehen, warum die Funktionäre in den Sportverbänden sich als "lame ducks" präsentieren, wenn es um die Gleichberechtigung geht. Selbst bei den Verbänden, die im Weltcup starke Protagonistinnen stellen, wie z.B. Österreich, muss man betuliches Abwarten feststellen, statt beherztes Handeln. Wie so oft kommt man schwer über Lippenbekenntnisse hinaus.
Wir müssen in diesen Dingen lauter werden und ich hoffe vor allem, dabei Unterstützung von unseren männlichen Springerkollegen zu bekommen. Männer müssen sich die Gleichberechtigung der Frauen vor allem auch zu ihrer eigenen Sache machen. Dann kommen wir voran.
Herzliche Grüße
Anna Rupprecht


