Mit vier Podestplätzen in den ersten acht Rennen haben die deutschen Skijäger*innen einen außergewöhnlich guten Star in den Biathlon-Winter 2022/23 in den Schnee gezaubert. Vor allem den Athlet*innen, die sich bislang eher hinter der Spitze tummelten, gelang es, aus dem Schatten herauszutreten. Schlagzeilen von der "neuen Generation" machten schon die Runde. Nachlassen dürfen die Aufstrebenden aber nicht - Druck gibt es aus dem eigenen Lager.
Parallel zum Weltcup startete auch der IBU Cup, quasi die zweite Liga des Biathlon-Sports, im schwedischen Idre Fjall seine Saison. Auch hier wussten die deutschen Starterinnen und Starter zu überzeugen.
Zum Auftakt landeten mit den beiden Weltcuperfahrenen Janina Hettich-Walz (Platz 2) und Marion Wiesensarter (Platz 3) gleich zwei Deutsche auf dem Podium. Den Sieg verpasste Hettich-Walz wohl nur, da sie als einzige der Top 5 eine Scheibe verfehlte.
In der anschließenden Verfolgung landete Wiesensarter erneut auf Platz drei. Hettich-Walz feierte im Einzel zudem den ersten deutschen Sieg des Winters, das 18-jährige Ausnahmetalent Selina Grotian legte im abschließenden Sprint mit Rang eins nach. Vanessa Hinz, mit sieben WM-Medaillen und Staffel-Bronze bei den Olympischen Spielen dekoriert, wurde Dritte.
Bei den Männern lieferte Philipp Horn mit Rang drei im ersten sowie Rang zwei im zweiten Sprint die passende Antwort auf seine Degradierung aus dem Weltcupteam. Lucas Fratzscher erreichte Platz drei im Einzel.
Zudem verbuchte der DSV insgesamt weitere zwölf Platzierungen in den Top 10. Die Damen führen die Nationenwertung an, die Herren liegen nur knapp hinter den überragenden Norwegern.
Schnuppert ein Ausnahmetalent bald Luft im Biathlon-Weltcup?
Ergebnisse, mit denen Hettich-Walz, Hinz, Grotian, Fratzscher und Horn lautstark an die Pforte zum Weltcup-Team anklopfen.
Vor allem Hettich-Walz, die dem IBU Cup eigentlich schon entwachsen schien und durchaus überraschend den Sprung in den Top-Kader verpasste, wird die DSV-Bosse ins Grübeln bringen. Hinz stellt angesichts ihrer Vita immer eine Option für das Duell mit der Weltspitze dar und auch das Szenario, Juniorenweltmeisterin Grotian früh Weltcupluft schnuppern zu lassen, dürfte einen gewissen Reiz ausüben. Zumal Nachwuchshoffnung Juliane Frühwirt bei den Frauen nur bedingt überzeugen konnte.
Bei den Männern konnte Philipp Nawrath nicht auf ganzer Linie überzeugen, landete aber immer in den Punkten und dürfte momentan noch ausreichend fest im Sattel sitzen.
Feststeht allerdings, dass das vorhandene Weltcuppersonal ab Donnerstag im österreichischen Biathlon-Mekka Hochfilzen zunächst einmal eine weitere Bewährungschance bekommt. Veränderungen im Vergleich zur ersten Station schloss der DSV allerdings bereits bei der Bekanntgabe des Aufgebots für den Auftakt im finnischen Kontiolahti aus.
IBU-Cup-Pause ein zweischneidiges Schwert
Der Druck auf Frühwirt, Horn und Co. ist dennoch nicht von der Hand zu weisen. Bei schwächeren Vorstellungen in Hochfilzen dürfte der ein oder andere Wechsel im Aufgebot vor dem dritten Weltcup im französischen Annecy-Le Grand Bornand näher rücken.
Kampflos gibt sich die aktuelle zweite Garde des DSV jedoch nicht auf: "Die letzten Monate der Vorbereitung liefen alles andere als geplant, deshalb beginne ich die Saison im IBU Cup. Schritt für Schritt kämpfe ich mich wieder zurück", richtete Hinz bereits eine Kampfansage an die Konkurrenz. Auf der anderen Seite betonte Anna Weidel nach ihrer Weltcupbestleistung (Platz fünf im Sprint): "So gute Stimmung wie momentan hatten wir selten!" - ein Fingerzeig ans Trainerteam, dass die aktuelle Zusammenstellung des Teams perfekt ist?
Dass der IBU Cup allerdings erstmal eine Pause einlegt, könnte sich als zweischneidiges Schwert erweisen: Der gute Eindruck, den Grotian, Hettich-Walz, Hinz oder Horn hinterlassen haben, wird einerseits durch mögliche schwächere Vorstellungen nicht getrübt. Andererseits kann die zweite Reihe den guten Start auf Wettbewerbsebene auch nicht untermauern.
Marc Affeldt

