Die iranische Sportkletterin Elnaz Rekabi ist wieder in ihrer Heimat, nachdem sie bei den Asienmeisterschaften ohne das für sie eigentlich vorgeschriebene Kopftuch antrat. Am Flughafen in Teheran gab sie ein Statement ab – die großen Sorgen um die Weltklasse-Athletin sind dadurch aber nicht verschwunden.
In einem Video des iranischen Staatsfernsehen wiederholte Rekabi nach Angaben des "Deutschlandfunk" Aussagen aus ihrem zuvor veröffentlichten Instagram-Post, dass sie ihren Hijab unabsichtlich vergessen habe.
"Das iranische Regime setzt Kritiker aber häufig unter Druck, um solche Entschuldigungen zu erreichen", schreibt "Deutschlandfunk" auf Twitter. Das wirft die Frage auf, ob die Sportlerin zu ihren Aussagen gezwungen wurde.
In ihrem Instagram-Post schrieb Rekabi zuvor: "Es war ein Versehen, ohne Kopftuch angetreten zu sein, weil ich aufgrund einer Veränderung im Zeitplan plötzlich an die Wand musste. In der Eile hatte es Probleme gegeben, das Kopftuch anzulegen." Dass sie den Post aus freien Stücken abgab und diese Worte freiwillig wählte, wird ebenfalls angezweifelt. Es ist ein Statement, das vielen Beobachtern erzwungen scheint, möglicherweise wurde die junge Frau unter Druck gesetzt.
Botschaft weist die schlimmen Vorwürfe zurück
In einem weiteren Video ist zu sehen, wie Rekabi nach ihrer Ankunft am Flughafen in einem Auto weggefahren wird. Dabei bejubelt eine Menschenmasse sie frenetisch. Kein Wunder, hatte ihr Auftritt bei den Asienmeisterschaften in Seoul doch in den sozialen Medien für Furore gesorgt. "Wir sind stolz auf dich", hieß es in einer der zahlreichen Reaktionen aus ihrer Heimat auf Twitter. Wohin der weiße Bus jedoch fuhr, ist noch unbekannt.
Die "Bild" berichtete am Dienstag in Bezug auf die Webseite „Iran Wire“ sogar, dass Rekabi vom iranischen Geheimdienst in Seoul verhaftet wurde und in das für seine katastrophalen Haftbedingungen berüchtigte Evin-Gefängnis gebracht werden soll. Nach den Informationen sei Rekabi vom Chef des nationalen Kletterverbandes in die Botschaft „gelockt“ worden mit dem Versprechen, sie direkt zum Flughafen zu bringen. Weiter heißt es, ihr sei eine sichere Rückreise versprochen worden, wenn sie ihr Telefon und ihren Pass aushändigen würde. Laut "BBC" konnten Freunde danach keinen Kontakt mehr zu ihr herstellen.
In ihrem Instagram-Statement hieß es dagegen, Rekabi sei mit ihrem Team zusammen auf dem Weg zurück in den Iran. Auch die iranische Botschaft in Seoul gab gegenüber der Nachrichtenagentur AFP ein Statement ab. In diesem wurden "all die falschen Nachrichten und Fehlinformationen" über die Situation der Sportlerin abgestritten. Weiter hieß es auch dort, Rekabi sei unterwegs in den Iran.
Sportkletter-Weltverband IFSC nimmt Kontakt auf
Die Sorge und Verwirrung um Elnaz Rekabi war groß: Ist die iranische Sportkletterin nach ihrem Auftritt ohne Kopftuch wohlauf? Überhaupt: Wo befindet sie sich gerade? Die Lage war undurchsichtig - und warf Fragen auf, die an den Fall der Chinesin Peng Shuai erinnern.
Der Sportkletter-Weltverband IFSC hat nach eigenen Angaben Kontakt zu Rekabi aufgenommen. Man versuche, "die Fakten zu ermitteln", heißt es in einer Stellungnahme: "Soweit wir wissen, kehrt sie zurück in den Iran, und wir werden weiter beobachten, wie sich die Situation nach ihrer Ankunft entwickelt."
Sportler-Proteste nicht ungewöhnlich
Die 33-Jährige hatte mit diesem Auftritt weltweit Aufsehen erregt. Die Bilder verbreiteten sich im Internet wie ein Lauffeuer - und sie wurden international vor allem als Unterstützung für die Protestbewegung der Frauen in ihrer Heimat gewertet.
"Mir würde kein Fall mit dieser Schlagkraft und einer solchen Verbotshaltung, eines Rechtsbruchs in einem Land einfallen", ordnete Maximilian Seltmann von der Deutschen Sporthochschule die Aktion Rekabis im Interview mit RTL ein. Im Iran ist es Frauen seit der Islamischen Revolution 1978/79 vorgeschrieben, ein Kopftuch zu tragen und ihre Körper komplett zu verdecken. Iranische Athletinnen müssen auch bei Wettkämpfen, speziell im Ausland, Kopftuch tragen. Andernfalls brechen die das Gesetz der Islamischen Republik.
Fall löst international Besorgnis aus
International löste Rekabis Schicksal Besorgnis aus. Die Sprecherin des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte, Ravina Shamdasani, sagte, die Vereinten Nationen würden den Fall "genau" verfolgen und hätten sich mit den iranischen Behörden in Verbindung gesetzt.
Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Luise Amtsberg, schrieb bei Twitter: "Wo ist die iranische Sportlerin Elnaz Rekabi? Und wo ist ihr Bruder?" Ihre Schicksale stünden "für so viele Iraner*innen, gerade in diesen Tagen."