Am Samstag hat WWE erstmals seit 30 Jahren ein Stadion-Event in Europa abgehalten. Mehr als 60.000 Fans kamen nach Cardiff, darunter auch WBC-Weltmeister Tyson Fury. Doch der "Gypsy King" blieb nicht nur Zuschauer. Er beeinflusste den Main Event um den Wrestling-Weltmeistertitel mit einem knallharten K.o.-Treffer. Ein kontroverser Ausgang schloss sich an.
Beim spektakulären "Clash at the Castle" durfte Tyson Fury nicht fehlen. Der 34-Jährige ist seit Kindertagen Wrestling-Anhänger, für WWE stieg er im Oktober 2019 in Saudi-Arabien bereits selbst in den Ring.
Zum Main Event zwischen dem Schotten Drew McIntyre und dem seit zwei Jahren amtierenden Undisputed-Champion Roman Reigns saß Fury begeistert in der ersten Reihe.
Als der eigentlich Unbeteiligte Austin Theory seinen Money-in-the-Bank-Vertrag im laufenden Main Event einlösen wollte, war Fury damit nicht einverstanden. Theory diskutierte das Einlösen seines Sondervertrags mit einem Ringrichter, Fury langte kurzerhand zu und schaltete Theory mit einer harten Rechten aus.
Die nächste Kontroverse ließ nicht lange auf sich warten: Champion Roman Reigns erhielt Unterstützung von einem Familienmitglied, das die meisten Zuschauer bis dahin nicht kannten: Solo Sikoa. Der 29-Jährige ist der Bruder von Jimmy und Jey Uso und Cousin von Reigns.
Beide Usos hatten in der Vergangenheit Reigns wiederholt vor einem möglichen Titelverlust bewahrt. Nun konnten die Zwillinge aber nicht anwesend sein. Der Grund: McIntyre hatte sie im Vorfeld so hart attackiert, dass die Brüder nicht nach Wales reisen durften. Stattdessen schickte die Familie Sikoa.
Der 29-Jährige zog im richtigen Moment den Offiziellen aus dem Ring. Dann legte er sich mit McIntyre an. Drew wurde mit dem Hals über das oberste Ringseil gezogen. Reigns flog heran, brachte seinen gefürchteten Spear und siegte. Die historische Titelregentschaft des "Tribal Chief" geht weiter.
Tyson Fury sorgte hinterher für ein versöhnliches Ende. Er griff zum Mikrofon und meinte zum Verlierer McIntyre: "Du kannst stolz auf dich sein. Du hast einen unglaublichen Fight abgeliefert." Gemeinsam mit den Fans und McIntyre sang Fury anschließend "American Pie" – so wie es die Boxfreunde bereits bestens von den Auftritten des "Gypsy King" kennen.
Deutschsprachiges Trio zurück
Diese Entwicklung erfreute besonders die Zuschauer aus Deutschland: WWE hat das Trio "Imperium" wiedervereint. An der Seite des österreichischen Intercontinental Champions Gunther und dem Deutschen Ludwig Kaiser ist in Zukunft Giovanni Vinci im Einsatz.
Der gebürtige Südtiroler (richtiger Name: Fabian Aichner) war im Gegensatz zu seinen beiden Kollegen im vergangenen April nicht in den SmackDown-Kader berufen worden. Er verblieb stattdessen im kleineren NXT-Kader, wo WWE vornehmlich neue Stars ausbildet. Nach den jüngsten Management-Änderungen bei WWE ist diese Entscheidung nun korrigiert worden.
Intercontinental Champion Gunther und sein Herausforderer Sheamus lieferten sich das erwartungsgemäß unbarmherzige Duell. Gerade dem Iren waren die Blessuren aus der wilden Keilerei rasch anzusehen. Gunther brauchte zwei Powerbombs und eine massive Clothesline, um seinen irischen Gegner endgültig in die Knie zu zwingen. Die Fans in Cardiff feierten im Anschluss den Verlierer mit stehenden Ovationen.
Die weiteren Ergebnisse
Seth Rollins siegte über den früheren UFC-Kämpfer Matt Riddle. Rollins hatte Riddle im Vorfeld mit Äußerungen zu seiner gescheiterten Ehe provoziert. Hitzkopf Riddle machte jetzt Fehler, sein eigener Zorn wurde ihm zum Verhängnis. Rollins siegte mit seinem Stomp aus den Ringseilen.
Rey Mysterio und Edge gewannen ein Tag-Team-Match gegen Finn Bálor und Damian Priest ("Judgment Day"). Zwischen Mysterio und seinem Sohn Dominik war es im Vorfeld zu Unstimmigkeiten gekommen, weil sich Rey für den Veteranen Edge als Partner entschied.
Dominik half seinem Vater zwar während des Matches. Doch hinterher kam es zum Schock-Moment: Dominik trat Edge unsanft zwischen die Beine. Und selbst den eigenen Vater schickte der 25-Jährige knallhart zu Boden. Der Mysterio-Sohn lief anschließend allein aus dem Stadion. Jetzt steht er vor einer ungewissen Zukunft.
Damage Control (Bayley, Iyo Sky, Dakota Kai) eröffneten den Abend im Principality Stadium mit einem Triumph über Bianca Belair, Alexa Bliss und Asuka. Das Trio um die Veteranen Bayley funktionierte als Team besser. In der Schlussphase spielten Bliss und Asuka gar keine Rolle mehr, Belair wurde überrumpelt. Sie kassierte Dakotas Kick, Iyos Moonsault und Bayleys Rose Plant. Mit dem Pinfall-Sieg über die amtierende Raw Women's Champion brachte sich Bayley für ein baldiges Titel-Match gegen Bianca Belair ins Gespräch.
SmackDown Women's Champion Liv Morgan gelang die Bewährungsprobe gegen die frühere MMA-Kämpferin Shayna Baszler. Morgan setzte sich gegen Baszlers Aufgabetechniken zur Wehr. Im richtigen Moment saß ein Codebreaker, gefolgt vom Oblivion. Morgan blieb Champion.
In der Kickoff-Show holten die Street Profits gemeinsam mit Madcap Moss einen Sieg über die Alpha Academy und Austin Theory. Ford glänzte zuerst mit einem spektakulären Blockbuster über die Ringseile, danach saß der Frog Splash gegen Chad Gable.
Insgesamt kamen 62.296 Fans aus 42 Ländern ins Principality Stadium nach Cardiff und erlebten den ersten WWE-Stadion-Event in Europa seit 1992. An den damaligen SummerSlam wurde mit einem Videoclip erinnert. Einer der beiden Main Eventer von vor 30 Jahren, Bret "Hitman" Hart, war als Gaststar anwesend. Sein damaliger Rivale, Davey Boy Smith, verstarb bereits 2002.
Die nächste WWE-Großveranstaltung findet am Samstag, den 8. Oktober in Philadelphia (Pennsylvania) statt. Dort gibt es "Extreme Rules".
Christian Bruns
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