Geher Christopher Linke schafft bei der Heim-EM erstmals den Sprung auf das Podest. Er gewinnt Silber.
Auf den letzten paar Metern im Rennen seines Lebens konnte Christopher Linke endlich lächeln. In der rechten Hand trug er die deutsche Fahne, und als er dann irgendwie doch beschwingten Schrittes die Ziellinie überquerte, da jubelte er auch mal so richtig. Jahrelang war der Sportsoldat aus Potsdam als Vierter oder Fünfter nah dran gewesen an einer Medaille - diesmal aber ging nichts mehr schief.
Obwohl es auch diesmal beinahe noch schiefgegangen wäre.
"Ich sach mal so", sagte Linke über Silber bei der EM-Premiere des 35 km Gehens: "Endlich eine Medaille." Jetzt habe er "endlich mal was, was ich meinen Enkeln zeigen kann." Es hat lange gedauert bis zu diesem Tag in München, er sei ja "immer nah dran gewesen" und habe dann doch nichts bekommen, "deswegen ist das jetzt umso schöner", betonte der 34-Jährige. Und die Genugtuung war ihm anzusehen.
Schmerzmittel und Corona-Schock
Gold gewann der Spanier Miguel Ángel López. Der 20-km-Weltmeister von 2015 hatte sich früh vom Feld abgesetzt und siegte mit 2:41 Minuten Vorsprung vor Linke, der auch vom Einbruch des lange Zeit zweitplatzierten Schweden Perseus Karlström profitierte: Der Dritte der WM-Premiere der 35 km vor drei Wochen brach ab Kilometer 22 ein und gab nach Kilometer 27 auf. Der Olympiazweite Jonathan Hilbert wurde Fünfter.
Auch für Linke ging freilich nicht alles glatt. Vor dem Rennen verspürte er Schmerzen im Schienbein, zwischen Kilometer sechs und zehn musste er zu Schmerzmitteln greifen, "sonst hätte ich es nicht ausgehalten".
Doch bei Temperaturen um die 24 Grad waren auch noch die letzten fünf Runden auf dem zwei Kilometer langen Kurs zwischen Siegestor und Odeonsplatz eine kleine Qual - trotz der Aussicht auf Silber.
"Ich hatte hinten raus ganz schön Probleme", berichtete Linke, "ich kann nicht sagen, dass ich die letzten zehn Kilometer genossen habe." Dafür war der Genuss mit der Medaille um den Hals umso schöner - nach den vierten Plätzen bei der EM 2014 und der WM 2019 sowie den fünften bei Olympia 2016 und 2021, jeweils über die 20 Kilometer.
Nicht zu vergessen übrigens: Die Vorbereitung von Linke auf die EM war auch nicht die beste gewesen. Erst vor Kurzem hat er Corona überstanden, die WM musste er deswegen auslassen. "Ich hatte Glück", sagte er, "dass mich Corona nicht komplett rausgehauen hat." Ging also alles gerade nochmal gut. Endlich.