Dang Qiu ist der erste deutsche Nationalspieler mit der aus China stammenden Penholder-Schlägerhaltung. Ausgestattet mit den Genen von zwei früheren Stars aus dem Reich der Mitte ist der gebürtige Nürtinger inzwischen ein wichtiger Teil der Strategie für den Angriff auf die chinesischen Weltmeister.
Seine chinesischen Wurzeln kann und mag Dang Qiu natürlich nicht verleugnen. Für seine aus China stammende Penholder-Schlägerhaltung jedoch entschied sich der deutsche Tischtennis-Meister einst als Kind aus pragmatischen Gründen und nicht aus Verbundenheit mit der Heimat seiner Eltern.
"Als ich mit Tischtennis angefangen habe, hatte ich mit dem Shakehand-Griff große Schwierigkeiten, weil immer auch mein Unterarm oder Handgelenk berührt wurden. Da hat mein Vater gemeint, ich solle es mal mit seinem Penholder-Stil probieren, was direkt geklappt hat", blickt Qiu im Gespräch mit dem "Sport-Informations-Dienst (SID)" zurück.
Mit Alleinstellungsmerkmal in die Top 10
Jahre später verschaffte der Wechsel von der Händedruck- zur Füllfederhaltung dem damaligen "Zauberlehrling" trotz etwa eines Timo Boll im heutigen Herren-Team des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB) ein markantes Alleinstellungsmerkmal - und verhalf Qiu im vergangenen Frühsommer sogar zum ersten Sprung in die Top 10 der Weltrangliste. "Mit sechs, sieben Jahren kann man ja noch gar nicht wissen, wo die Reise einmal hingehen wird, und dadurch war Penholder für mich erst einmal einfach nur ganz lustig und cool", erinnert sich der Düsseldorfer.
Zum "China-Faktor" kam die Veranlagung durch die Eltern. Beide gehörten im mit Tischtennis-Assen gesegneten Reich der Mitte zu den Besten, sein Vater war Studenten-Weltmeister und seine Mutter Nationalspielerin.
Auch wegen des Engagements von Qiu senior in Deutschland ließ sich die Familie in Nürtingen nieder - und baute sich mit einer Tischtennis-Schule eine Existenz auf. Kurz nach Dangs Geburt entstand ein Foto des Sprösslings mit einem Miniatur-Schläger.
Mit echten Schlägerhölzern hat sich Qiu junior inzwischen bereits in der erweiterten Weltspitze etabliert. Bei seinem zweiten internationalen Turniersieg im vorigen Juni in Peru musste sich im Finale auch schon sein Nationalmannschafts-Kollege Dimitri Ovtcharov geschlagen geben.
Olympia-Kandidat mit Medaillenchancen bei der EM
Wäre der Rechtshänder in China mit seinen 25 Jahren fast schon ein Auslaufmodell, ist Qiu bei der EM in München im Topquartett von Bundestrainer Jörg Roßkopf der Benjamin. Zwar misslang zu Turnierbeginn die Titelverteidigung des Mixed-Titels mit Nina Mittelham, aber der Team-Europameister hat in Doppel und Einzel noch weitere Medaillenchancen.
Seinen Weg nach oben und auch aus dem Schatten von Boll oder auch Ovtcharov führt Qiu, der als ernsthafter Olympia-Kandidat für Paris 2024 gilt, weniger auf "Ping-Pong-DNA" aus China zurück als vielmehr auf gezielte Reduzierung von Schwächen: "Es war wichtig, dass ich hart an meiner Konstanz gearbeitet habe."
DTTB-Sportdirektor Richard Prause beschrieb Qiu im "SID"-Gespräch auch als Beleg für die Qualität der deutschen Trainingsarbeit: "Dang hat im Nachwuchs nicht so Medaillen abgeräumt wie andere. Aber wir können Spieler noch lange weiterentwickeln und immer noch auf ein höheres Niveau bringen. Daran sieht man, dass unser System funktioniert."

