Der Vorstoß blieb erfolglos. Wenn Amanal Petros am Montag eine EM-Medaille im Marathon angreift, wird die Sonne über München bereits einige Stunden aufgegangen sein. Der von Petros und zahlreichen weiteren Startern geforderten Verlegung der Startzeit vom Mittag auf die kühleren Morgenstunden kamen die Veranstalter nicht nach.
Das soll Petros jedoch nicht aufhalten, und mittlerweile deuten sich ohnehin bewölktes Wetter und Temperaturen deutlich unter den befürchteten 30 Grad an. "Natürlich gehe ich an die Startlinie, um gewinnen zu wollen", sagte der deutsche Rekordhalter vom TV Wattenscheid dem Münchner Merkur und der tz.
Bis zum letzten Moment bereitete sich der 27-Jährige im Höhentrainingslager in Kenia auf den Saisonhöhepunkt vor. Seit seinem Fabel-Auftritt in Valencia im Dezember 2021, als Petros den deutschen Rekord auf 2:06,27 Minuten drückte, hat der Hoffnungsträger keinen Marathon bestritten. Alles in dieser Saison ist auf München ausgerichtet.
Die Vorbereitung war für den Spitzenathleten dabei auch Ablenkung. "Ich versuche viel zu trainieren und müde zu sein, damit ich schlafen kann", sagte Petros in einer "ARD"-Dokumentation angesichts der gewaltigen Sorgen um seine Mutter und seine beiden Schwestern, die in Äthiopien im Bürgerkriegsgebiet Tigray leben.
Der Kontakt ist abgerissen. Petros zählt die Tage, seitdem er zuletzt etwas aus der Heimat gehört hat. "Die Gedanken daran belasten mich jeden Tag. Das kostet mich viel Kraft", berichtet er. Macht- und Hilflosigkeit in seiner Stimme sind unüberhörbar.
Mit zwei Jahren floh Petros mit der Familie aus seiner Heimat Eritrea nach Äthiopien. Mit 16 machte er sich auf den Weg nach Deutschland und fand dort als politischer Flüchtling eine neue Heimat - und startete dort sportlich unter Trainer Tono Kirschbaum durch. Seit Ende 2015 ist Petros deutscher Staatsbürger, seit 2017 dient er als Sportsoldat in der Bundeswehr.
In München winkt für den Olympiateilnehmer nun der größte Erfolg seiner Karriere. "Es wird der Wahnsinn sein", prognostizierte Petros, der viele Freunde in München erwartet: "Ich werde mir etwas in die Ohren stecken müssen, damit mein Kopf nicht explodiert."