Charlotte Fry ist die neue Herrscherin in der Welt der tanzenden Pferde. Großen Anteil am WM-Gold im Grand Prix Special hatte ihre Vorgängerin.
Als die Not am größten war, kam Hilfe von der Allergrößten. "Wir hatten Probleme mit der Pirouette", erzählte die neue Dressur-Weltmeisterin Charlotte Fry nach ihrem spektakulären Auftritt im Grand Prix Special: "Dann hat uns Isabell ein paar wertvolle Tipps gegeben, und es hat funktioniert."
Für immer werde Isabell Werth ihre Königin bleiben: "Ich bewundere sie, seit ich fünf Jahre alt war. Sie ist mein Idol und der netteste Mensch, den es gibt."
Künftig wird vermutlich Charlotte Fry selbst das Idol für den Reitsport-Nachwuchs sein. Die 26-jährige Britin und ihr unfassbarer Hengst Glamourdale werden - falls beide gesund bleiben - Olympiagold 2024 in Paris im Vorbeigehen abräumen. Charlotte Fry, die alle Welt nur Lottie nennt, ist nicht nur im britischen Team die legitime Nachfolgerin der dreimaligen Olympiasiegerin Charlotte Dujardin.
Fry und ihr Wunderpferd Glamourdale
Zehn Jahre ist es her, da war die 16-jährige Lottie Fry eine der begabtesten Schülerinnen des britischen Startrainers Carl Hester, der schon Dujardin mit dem legendären Valegro in die Weltspitze geführt hatte. Frys Mutter Laura, selbst Olympiastarterin 1992 in Barcelona, hatte das Talent ihrer Tochter früh erkannt und sie zu Hester in die Ausbildung geschickt. Im September 2012 starb Laura Fry an Brustkrebs und ließ ihre tief erschütterte Tochter zurück. Die trägt seitdem stets ein Medaillon mit dem Bild der Mutter um den Hals.
Und ging unbeirrt weiter ihren Weg, viele gute Pferde hatte sie bei den Junioren und Jungen Reitern unter dem Sattel. Lottie Fry absolvierte die ganze Tour durch das britische Nachwuchsprogramm, mit großem Erfolg und einigen Titeln.
Und dann kam Glamourdale. Dieser nachtschwarze Hengst, elf Jahre alt, mit einem Stockmaß von 1,70 m nicht nur wegen seiner Farbe und seinem extrovertierten Auftreten eine beeindruckende Erscheinung. Wer jetzt an einen anderen schwarzen Hengst zurückdenkt und Vergleiche mit Totilas zieht, liegt falsch. Totilas war eine tragische Kunstfigur mit einem ebenso tragischen Ende. Was bei Totilas immer ein bisschen drüber wirkte, sieht bei Glamourdale kraftvoll, spielerisch und doch elegant aus.
"Alles wirkt mühelos"
Und außerdem: Lottie Fry, diese 1,70 m große zierliche Frau, ist nicht Edward Gal und schon gar nicht Matthias Rath. Mit leichter Hand lenkt die kindliche Kaiserin ihr himmlisches Höllenross durch das Viereck, alles wirkt mühelos. Und wenn es dann doch mal irgendwo hakt, kann sie ja auf prominente Hilfe zählen.
Als Lottie Fry am Montag aus dem Stadion ritt, gab es von der einreitenden Isabell Werth ein anerkennendes High Five. Kaum etwas könnte die anstehende Wachablösung in der Dressur besser dokumentieren.
