Die Geschehnisse rund um die russisches Eiskunstläuferin Kamila Valieva beherrscht weiterhin die Schlagzeilen. Aus Norwegen vernimmt man nun sogar Töne, die Zweifel am Grundgedanken der Olympischen Spiele aufkommen lassen.
"Es ist unglaublich traurig! Die Olympischen Spiele sollten ein wahrgewordener Traum sein, bei dem du die Möglichkeit hast, deine Leidenschaft für den Eiskunstlauf mit der ganzen Welt zu teilen", eröffnet die norwegische Eiskunstläuferin Camila Gjersem gegenüber "VG". "Stattdessen gleicht die Erfahrung für einige Athleten allerdings einem Alptraum", so die 28-Jährige.
Stein des Anstoßes war das Geschehen um die junge russische Eiskunstläuferin Kamila Valieva. Bei der 15-Jährigen wurde nach dem Gold im Teamwettbewerb eine positive A-Probe genommen. Durchaus überraschend entschied das IOC, dass Valieva trotz des Dopingverdachtes im Einzel dennoch starten durfte, der Druck setzte der Top-Favoritin allerdings sichtlich zu.
"Ich hasse diesen Sport. Ich hasse diesen Sport"
Nach einer Kür, bei der beinahe alles schiefging, reichte es für die als Jahrhundertläuferin gefeierte Russin letztlich nicht für eine Einzel-Medaille. Verstörend waren allerdings vor allem die Szenen nach Beendigung der Darbietung. Trainerin Eteri Tutberidse hatte Valieva, die unter Tränen vom Eis schlicht, nach den Stürzen nicht in den Arm genommen, sie hatte ihr Vorwürfe gemacht. "Warum hast Du alles aus den Händen gegeben?", fragte Tutberidse. "Sag es mir!"
Damit aber nicht genug: Wie vergiftet die Atmosphäre im russischen Eiskunstlauf ist, untermauert zudem die Reaktion der Silbermedaillengewinnerin Alexandra Trusova. "Ich hasse diesen Sport. Ich hasse diesen Sport. Ich hasse alles daran", wetterte die 17-Jährige, als feststand, dass sie den Kampf Gold gegen die Teamkollegin Anna Shcherbakova verloren hatte - für Trusova ein abgekartetes Spiel.
Eiskalte Reaktionen, die dem Gros der Sportwelt zurecht bitter aufstoßen. Der "Guardian" schrieb von einem "Sturm der Bitterkeit", die italienische "Corriere della Sera" rief den "Doppelsieg der Russinnen mit Psychodrama" ins Leben und aus den USA berichtete "Yahoo Sports": "In einer Zeremonie wurden Medaillen an die verdienten Siegerinnen verteilt ... und beinahe jede sah so elend aus, als ob sie bei einer Beerdigung eines Lieben seien."
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Im Raum steht allerdings auch die Frage, ob man der 15-Jährigen das Leid nicht hätte ersparen können - ja müssen.
"Man hat sie der Welt zum Fraß vorgeworfen", urteilte zum Beispiel die deutsche Legende Katarina Witt, die ihre Tränen nicht zurückhalten konnte: "Ich kann nur hoffen, dass sie das verwindet und wiederkommt. In vier Jahren möchte ich sie wiedersehen."