Die deutsche Ski-Freestylerin Emma Weiß wurde in Peking positiv auf das Coronavirus getestet. Ihren Traum vom Olympia-Start am Sonntag darf sie trotzdem weiterleben.
Das Leben von Emma Weiß glich zuletzt einer Achterbahnfahrt, bei der es häufiger rasend schnell abwärts und nur selten ein wenig aufwärts ging. Nach vielen Tagen der quälenden Ungewissheit, in denen die Ski-Freestylerin von der Schwäbischen Alb "schon die Hoffnung aufgegeben hatte", ihren Lebenstraum verwirklichen zu können, sitzt sie seit Dienstag immerhin einsam in einem Apartment im Olympischen Dorf. Doch ihre Zitterpartie geht weiter.
Weiß ist eine Selfmade-Olympionikin. In den vergangenen zwei Jahren etablierte sie sich in der Disziplin Aerials, in der über furchterregend steil in den Himmel ragende Schanzen gesprungen wird, in der erweiterten Weltspitze. Fünfte war sie im vergangenen Jahr im Gesamtweltcup. Vom Deutschen Skiverband (DSV) wird sie kaum unterstützt, "da ist noch Luft nach oben", sagte Weiß (22) im Gespräch mit dem SID. Sie trainiert und reist mit den Schweizern.
Immerhin 35.000 Euro hat Weiß in diese Saison, in ihren großen Traum von Olympia investiert - das Geld kommt von den Eltern und ein paar Sponsoren. Ob es sich auszahlt? Ungewiss. Seit einer Corona-Infektion im November spielt der CT-Wert von Weiß verrückt, das war vergangene Woche so, das war auch jetzt in Peking noch so. "Ich bin ein medizinischer Sonderfall", sagt sie mit einem Lächeln, "die Ärzte kennen keinen vergleichbaren Fall."
Die vergangenen Wochen und Tage: ein einziges Hoffen und Bangen für die Frohnatur Weiß. Erst am Wochenende waren zwei Tests in Folge negativ ausgefallen, bei der Einreise am Dienstag dann der befürchtete Schock: positiv. Weiß ist seitdem vom deutschen Team getrennt, und dass nicht alles noch viel schlimmer gekommen ist, hat sie, wie sie betont, Team-D-Arzt Bernd Wolfarth zu verdanken: "Ohne ihn wäre ich wahrscheinlich schon in Isolation."
Wolfarth und der DOSB "unterstützen mich extrem", sagt Weiß, und so hat sie den Tiefschlag vom Dienstag und die Nachwehen bislang überstanden. "Die ersten Tage waren jetzt nicht so gut, das war ein bisschen ein Auf und Ab", berichtet sie. Aber: Sie kann trainieren, die Gedanken wandern so langsam hin zum Wettkampf, der am Sonntag mit der Qualifikation für das Finale am Montag beginnt. Dennoch, das "Zittern bleibt".
Bis Sonntag kann viel passieren, und tatsächlich, gibt Weiß zu, hat sie sich schon mit dem Gedanken beschäftigt, dass es nicht klappt. "Das wäre", sagt sie, "schon extrem dramatisch. Da würde ein Lebenstraum platzen ... das heißt: Er müsste noch vier Jahre warten."

