Mikaela Shiffrin hängt sogar T-Rex ab. In Peking ist sie auf alles gefasst - sogar auf mögliche Enttäuschungen.
Mikaela Shiffrin blickt ungläubig und ein bisschen erschrocken an den Pistenrand. Bricht da etwa gerade ein Tyrannosaurus Rex durch den Wald? Nix wie weg! Shiffrin rast davon, der T-Rex bleibt hungrig brüllend zurück.
Wie den Dino im Werbespot des US-Senders "NBC" und der Filmreihe Jurassic Park, will Shiffrin bei Olympia die Konkurrenz abhängen. Mit dem Riesenslalom am Montag (2:30/7:30 Uhr MEZ) startet ihre Medaillenjagd in allen sechs Wettbewerben. "Ich habe ein ziemlich gutes Gefühl", sagt sie.
Das darf man als Drohung verstehen. Shiffrin fährt ja sogar aufs "Stockerl", wenn es ihr schlecht geht. Den ersten Riesenslalom der Saison gewann sie trotz Rückenschmerzen. In den folgenden Slaloms plagte sie "der schlimmste Jetlag meines Lebens" - sie wurde zweimal Zweite. "Nichts, was bei Olympia wartet, wird so schwierig", sagt sie.
Überhaupt blickt die sechsmalige Weltmeisterin auf einige "herausfordernde Momente" zurück - nicht nur auf den Brettern, die ihr die Welt bedeuten. Ziemlich genau vor zwei Jahren geriet diese Welt durch den plötzlichen Unfalltod ihres Vaters Jeff völlig aus den Fugen. "Es ist schwierig, nicht daran zu denken", sagt sie.
Shiffrin: "Unmöglich, zwei perfekte Wochen zu haben"
Shiffrin nahm sich damals eine monatelange Auszeit, fand aber schnell zu alter Stärke zurück. Dann zwickte der Rücken, die Reiserei schlauchte, vielleicht war ihr auch der Wirbel um ihre neue Liebe zu Abfahrtsstar Aleksander Aamodt Kilde zu viel. Als Corona sie kurz nach Weihnachten ausbremste, fiel sie in ein tiefes Loch.
Im Januar schied Shiffrin zum ersten Mal seit vier Jahren in einem Slalom aus. Als sie das folgende Rennen gewann, weinte sie hemmungslos. Typisch für die 26-Jährige, die gerne Emotionen zeigt und dabei sehr amerikanisch, aber auch sehr sympathisch wirkt.
In ihrer Olympia-verrückten Heimat ist Shiffrin schon vor ihrem ersten Start das Gesicht dieser Spiele. Es sei sehr schwierig, erzählt sie offen, mit der drohenden Gefahr umzugehen, "ein ganzes Land im Stich zu lassen". Doch es sei auch "sehr aufregend", Gold zu holen.
Zweimal hat sie es schon geschafft: 2014 im Slalom, 2018 im Riesenslalom. "Viele Leute brechen deine komplette Karriere auf Olympia herunter", weiß sie, vor allem in den USA, "alles, was sonst noch wichtig war, wird unwichtig."
Dabei sei es "unmöglich, zwei perfekte Wochen zu haben". Irgendwas sei immer, und wenn nur der Kaffee kalt ist. "Auch diese Spiele werden Enttäuschungen bereithalten", glaubt Shiffrin. Bei einer, die sogar Dinos abhängt, dürfte sich der Frust aber in Grenzen halten.

