Der Xiaohaituo lag vor Millionen Jahren in einem Ozean - daher sein Name: kleiner Berg inmitten des Meeres. Das Wasser ist am Austragungsort der Olympia-Abfahrt längst verschwunden - es blieb der Wind.
Der bläst oft so heftig, dass im Rennen der alpinen Königsdisziplin in Yanqing chinesisches Roulette droht.
Aber was heißt droht? "Da ist man sich jetzt schon sicher", sagte Andreas Sander, vor einem Jahr mit WM-Silber in der Abfahrt dekoriert.
Laut der chinesischen Trainer wehe nur "selten" kein Wind am Xiaohaituo. Doch ob Sander für die erwartete Lotterie am Sonntag überhaupt ein Teilnahme-Los erhält, ist ungewiss.
Der Vize-Weltmeister wurde in der ersten Runde von den Trainern nicht nominiert und muss im Abschlusstraining im Duell mit Simon Jocher um den letzten der vier deutschen Startplätze kämpfen.
Andreas Sander "besser in Form und konkurrenzfähiger"
Er sei zwar "deutlich besser in Form und konkurrenzfähiger" als bei seiner schwachen Generalprobe in Kitzbühel, behauptete Sander. Doch die Trainer um Chef Christian Schwaiger hegen Zweifel, zu dürftig waren seine Vorleistungen.
Da hilft auch der goldene Olympia-Helm nicht. "Das würdet ihr gerne hören", sagte Sander lachend auf die Frage, ob mit der Lackierung auch ein gewisser Anspruch verbunden sei, "aber nee, nee", dafür sei der Ausrüster verantwortlich: "Ich finde ihn cool, aber jeder verbindet gleich Edelmetall damit."
Wer es auf dem Kunstschneeband holen will, muss sich nicht nur gegen interne Konkurrenz behaupten.
Baumann, Ferstl und Schwaiger für Olympia-Abfahrt nominiert
Auf dem Xiaohaituo, sagte Doppelweltmeister Vincent Kriechmayr auf gut Österreichisch, "brauchst a Fett'n" - jede Menge Wind-Glück. "Es nützt dir wahrscheinlich die beste Fahrt nix", pflichtete Romed Baumann bei, bei diesen Böen "kannst du noch so schnell Ski fahren - es wird sich nicht ausgehen."
Beim zweiten Training am Freitag, meinte Baumann, "war es irregulär". Dennoch entschied Boss Schwaiger, neben Baumann, WM-Zweiter im Super-G, auch Josef Ferstl und Dominik Schwaiger schon fürs Rennen zu nominieren. Das Trio war schneller als die Konkurrenz - Sander fehlten winzige 0,12 Sekunden auf Schwaiger.
Die Bestzeit legte Topfavorit Aleksander Aamodt Kilde vor. "Ich war im Flow", sagte der sechsmalige Saisonsieger aus Norwegen, "und hatte Glück mit dem Wind."
Für die Deutschen, in diesem Winter noch ohne Podestplatz, sind die Verhältnisse womöglich eine Chance. Es gebe "auf alle Fälle mehr Anwärter" auf die Medaillen, meinte Ferstl und plädierte dafür, die Sache gelassen anzugehen. "Die ganze Zeit aufregen und Energie verschwenden", sagte er, "ist auch nicht das Beste."