Nach dem verpassten Halbfinal-Einzug wurden die deutschen Handballer am Montag erneut von Corona erwischt. Den EM-Abschluss gegen Russland bestreitet das Team von Bundestrainer Alfred Gislason mit einem Rumpfteam.
Corona, Corona, Corona - auch am letzten spielfreien Tag ihrer EM-Mission drehte sich bei den deutschen Handballern alles um das lästige Virus. Zwei neue Infektionen, die Fälle 14 und 15, warfen am Montag neue Fragen auf. Der Turnierabschluss des deutschen Rumpfteams gegen Russland verkommt damit endgültig zur Randnotiz.
Mit dem Kieler Kreisläufer Patrick Wiencek und Abwehrspezialist Simon Ernst erhielten am Montag die nächsten deutschen Nationalspieler positive Befunde. Von den 17 Akteuren, die vor zwei Wochen ursprünglich die Reise nach Bratislava angetreten hatten, sind für die Partie am Dienstag (18:00 Uhr) lediglich noch vier einsatzfähig: Kapitän Johannes Golla, Spielmacher Philipp Weber, Rückraumspieler Julian Köster und Rechtsaußen Lukas Zerbe.
Keine weiteren Nachnominierungen
"Mir tut es für jeden leid, Trainer inklusive, dass es nicht so läuft, wie wir uns das vorgestellt haben", sagte DHB-Sportvorstand Axel Kromer. Für Gislason sei die Situation an "Verrücktheit nicht zu überbieten". Youngster Zerbe kündigte mit einem Anflug von Galgenhumor an: "Ich würde überall einspringen. Wo Not am Mann ist, würde ich spielen."
Auf weitere Nachnominierungen verzichtete Gislason am Montag, auch auf Rückkehrer aus der Corona-Isolation wird der Isländer wohl nicht zurückgreifen. Das Experiment mit Hendrik Wagner beim Duell mit Schweden am Sonntag (21:25) ging schief. Der Ludwigshafener ließ nach drei Minuten völlig entkräftet auswechseln und klagte über Atemnot.
Und so verbleiben Gislason für das Russland-Duell inklusive der zehn schon nachgeorderten Akteure 14 einsatzfähige Spieler - vorausgesetzt Wagner kann spielen und es kommen bis Dienstagabend keine weiteren neuen Fälle hinzu. "Ich hoffe, dass wir jetzt alle negativ bleiben und das Spiel bestreiten können", sagte Zerbe. Am Nachmittag bat Gislason in der slowakischen Hauptstadt zum freiwilligen Training, anschließend war ein weiterer PCR-Test anberaumt.
Wer Gislason kennt, der ahnt, wie sehr ihn das vorzeitig verpasste Halbfinale wurmt. Doch unter den widrigen Bedingungen war am Ende einfach nicht mehr drin. "Natürlich träumt man trotz allem etwas weiterzukommen, aber die Mannschaft hat alles gemacht, was möglich war", so Gislason nach dem verlorenen Schweden-Spiel und attestierte seinem arg gebeutelten Team "ein sehr, sehr tolles Turnier. Viele unerfahrene Spieler haben sehr wertvolle Erfahrungen gesammelt - auch wegen ihrer Fehler."
Ex-Welthandballer Stephan spricht von "Farce"
Ähnlich sieht es Kapitän Johannes Golla. "Wir alle brauchen ein bisschen Zeit zu Hause, um den Kopf frei zu kriegen, weil natürlich echt viel verrücktes passiert ist hier in den letzten Tagen", sagte der Kreisläufer. Aber sportlich fehle "nicht viel. Wir haben viele junge Spieler gesehen, die uns in Zukunft hier noch echt weit bringen können mit der Nationalmannschaft."
In der Heimat kochten am Montag unterdessen die Diskussionen über die Sinnhaftigkeit der deutschen EM-Mission wieder hoch. Der 2004-Europameister Daniel Stephan sprach im "WDR"-Hörfunk von einer "Farce", eine Europameisterschaft unter solchen Umständen durchzuführen. "Mit gutem Sport hat es nichts zu tun gehabt", so der 48-Jährige. Man habe "ein bisschen die Lust verloren, auch wenn die Jungs alles gegeben haben".
Gislason formulierte vor der Heimreise des DHB-Teams am Mittwoch unterdessen einen letzten sportlichen Auftrag. "Wir wollen uns unbedingt mit einem Sieg verabschieden", sagte der 62-Jährige. Und Anführer Golla meinte: "Das wird eine Herausforderung für jeden Einzelnen. Ich bin aber sehr positiv, dass die Mannschaft das schafft. Wir haben jedes Spiel unser Bestes gegeben."
Sicher ist: Nach Platz fünf bei der EM vor zwei Jahren ist jetzt maximal Rang sieben drin.