Ein prominentes Quintett um 2007-Weltmeister Johannes Bitter verstärkt die corona-geplagten deutschen Handballer bei der EM - doch weitere Fälle sind beileibe nicht ausgeschlossen.
Johannes Bitter zögerte keine Sekunde. "Wenn man sagt, dass man im Notfall bereit ist und der Bundestrainer anruft, dann muss man zu seinem Wort stehen", sagte der 2007er-Weltmeister zu seinem Blitz-Comeback im Trikot der deutschen Handballer. Doch die Ankunft Bitters im deutschen Team-Quartier in Bratislava wurde von den schweren Corona-Turbulenzen überlagert.
"Dass es so schlimm kommt, damit rechnet man natürlich nicht", sagte Bitter der Hamburger Morgenpost. Die sieben Coronafälle im deutschen Team binnen 48 Stunden hatten den spektakulären Rücktritt vom Rücktritt des Routiniers erst nötig gemacht. Weil im Tor nach der Infektion von Andreas Wolff der personelle Notstand ausgebrochen war, reiste Bitter (170 Länderspiele) am Dienstag in aller Hergottsfrühe an - und begab sich damit auch ins persönliche Risiko.
Denn nach dem Corona-Ausbruch von Montagabend befindet sich die Mannschaft von Bundestrainer Alfred Gislason bei der EM im Würgegriff des Virus, weitere positive Befunde scheinen programmiert. "Wir können nicht ausschließen, dass es zu weiteren Fällen kommt", sagte DHB-Sportvorstand Axel Kromer dem SID am Dienstag in der slowakischen Hauptstadt. Im Angesicht der grassierenden hoch ansteckenden Omikron-Variante wisse man, "dass es auch uns jederzeit erwischen kann".
"Worst-Case-Szenario" ist eingetroffen
So wie am Montagabend, als die Schocknachricht von den positiven Befunden bei Wolff, Rückraumspieler Kai Häfner, Rechtsaußen Timo Kastening, Linksaußen Lukas Mertens und Spielmacher Luca Witzke im deutschen EM-Quartier eintraf. Zuvor hatten sich bereits Hendrik Wagner und Julius Kühn mit dem Virus infiziert.
Der frühere Nationalmannschaftskapitän Uwe Gensheimer nannte die Situation ein "Worst-Case-Szenario", sagte er bei DHB-Spotlight. Ex-Weltmeister Christian Schwarzer erklärte im Spox-Interview, das Turnier bewege sich "in Richtung Farce". Es wäre "bitter und für unsere Sportart schlecht, wenn am Ende die Mannschaft Europameister werden würde, die die wenigsten Coronafälle hat."
Zumindest konnten neben Bitter auf die Schnelle noch vier weitere Spieler nachnominiert werden. "Das kam für mich total überraschend", sagte Bitter, der erst vor zwei Wochen erneut Vater geworden ist. "Wahnsinnig viel" Handball trainiert habe er in den letzten Tagen nicht, ergänzte der 39-Jährige. Der Keeper hatte nach den Olympischen Spielen in Tokio seine Karriere im Nationalteam eigentlich für beendet erklärt, doch dem Team wolle er "in dieser schwierigen Lage helfen und werde mein Möglichstes tun".
Das letzte Vorrundenspiel gegen Polen rückte angesichts der Ungewissheit über einen möglicherweise noch größeren Ausbruch im deutschen Lager aber erst einmal komplett in den Hintergrund. Als Sofortmaßnahme beschloss die deutsche Teamleitung in Bratislava noch strengere Kontaktbeschränkungen. Jede freie Minute müssen die verbliebenen elf Spieler plus die fünf Nachzügler ab sofort in ihren Einzelzimmern verbringen. "Das ist alles nicht schön, aber notwendig", sagte Kromer.
Notwendig waren am späten Montagabend auch die fünf Nachnominierungen geworden. Neben dem Hamburger Bitter reisten am Dienstag Linksaußen Rune Dahmke (THW Kiel), Kreisläufer Sebastian Firnhaber (HC Erlangen) sowie die Berliner Rückraumspieler Paul Drux und Fabian Wiede in die Slowakei. Zusammen bringt es das Quintett, darunter zwei Europameister von 2016, auf die geballte Erfahrung von knapp 400 Länderspielen.
Kromer zeigte sich "begeistert über die Hilfsbereitschaft der Vereine". Es sei "saustark, dass auch diejenigen, die aus gut nachvollziehbaren Gründen abgesagt hatten, keine Sekunde gezögert haben, in dieser schwierigen Situation für unsere Nationalmannschaft zu spielen".









