Vor dem Start der Olympischen Spiele in Peking wachsen die Sorgen in Norwegens Biathlon-Team. Grund ist die Formkrise von Superstar Johannes Thingnes Bö, der mittlerweile schon an sich selbst zweifelt.
Das Biathlon-Weltcup-Wochenende in Oberhof war für Johannes Thingnes Bö schon wieder eins zum Vergessen. Zwar holte der norwegische Superstar mit der Mixed-Staffel am Samstag den Sieg, doch in den beiden Einzelrennen erlebte der Gesamtweltcup-Sieger des vergangenen Jahres erneut ein Debakel.
Weder im Sprint (27. Platz) noch in der Verfolgung (21.) war der 28-Jährige auf der Höhe. Ein schwerer Schlag für ihn und das Team so kurz vor den Olympischen Spielen.
"Ich bin es nicht gewohnt, so schlecht zu sein. Ich bin es nicht gewohnt, in so einer Situation zu stecken", klagte Bö nach dem letzten Rennen gegenüber norwegischen Medien über seine anhaltende Formkrise. Er müsse jetzt endlich damit aufhören, die Lage so zu akzeptieren, "denn so sollte es nicht sein", klang der Superstar ein Stück weit gar verzweifelt.
Biathlon-Star schwächelt am Schießstand
Sorgen muss sich Bö allerdings nicht nur wegen des völlig verkorksten Oberhof-Wochenendes machen. Schon über die gesamte Saison läuft der 28-Jährige seinen Ansprüchen hinterher - und das sogar meilenweit.
Platz 29 im Sprint von Hochfilzen, Platz 20 im Massenstart von Annecy und Platz neun im Sprint von Östersund sind nicht das, was von ihm erwartet wird. Ein einziger Sieg in einem Einzelrennen in diesem Winter ist schlicht und ergreifend zu wenig.
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Besorgniserregend ist vor allem Bös Schwäche am Schießstand. Nicht selten leistete er sich in der laufenden Saison drei, vier oder gar noch mehr Fehler in einem Rennen. Im Sprint von Oberhof halste er sich am Ende fünf Strafrunden auf, in der Verfolgung legte er zwei Tage später nochmals fünf Fahrkarten nach.
Dabei sagte er vor den Rennen am Wochenende gegenüber dem "Dagbladet" noch, er habe über Weihnachten Extra-Schichten beim Schießtraining eingelegt. Dass dies offenkundig nicht geholfen hat, ist ein echtes Alarmsignal.
"Ich muss aufhören zu weinen"
"Das war einer der schwärzesten Tage seiner Karriere", stellte der norwegische Andreas Stabrun Smith nach der Verfolgung fest. Dass Bö in den ersten Rennen nach der Winterpause derart schlecht performt, sei "nicht gut", mahnte Smith mit Blick auf Peking. Bö selbst zeigte sich ratlos und sagte dem "Dagbladet": "Das war kein guter Tag. [...] Ich frage mich selbst [woran es gelegen hat]."
Gegenüber dem TV-Sender "NRK" meinte er zuvor schon: "Das ist wirklich traurig. Ich muss einfach besser werden. Ich muss aufhören zu weinen und traurig zu sein. Das war das schlechteste Wochenende meiner Karriere, es war schrecklich. Es ist wahrscheinlich zehn Jahre her, dass ich das letzte Mal so schlecht war. Und ich habe wirklich keine Erklärung dafür." Mit Blick auf die Olympischen Spiele könne ihm "nur noch ein Wunder helfen", klagte Bö.
Sich selbst am Hals aus dem Schlamassel ziehen wolle er sich nun, versicherte Bö. Doch die Zeit bis zu den Spielen in Peking rennt. Ob der Superstar bis dahin wieder zu seiner Form findet und wie erwartet um Gold, Silber und Bronze mitläuft, muss nach den letzten Wochen ernsthaft bezweifelt werden. Das sieht auch der Superstar selbst so: "Ich kann nicht sagen, dass ich mir keine Sorgen mache. Im Moment bin ich nicht länger einer der Favoriten auf eine Medaille."
Am kommenden Weltcup-Wochenende in Ruhpolding geht Bö wie ein Großteil der norwegischen Männer-Mannschaft nicht an den Start. Stattdessen steht ein Höhentrainingslager an.
