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Durchbruch für den Ex-BVB-Star?

Jadon Sancho "der beste Mann" bei ManUnited

Wechselte im Sommer vom BVB zu Manchester United: Jadon Sancho
Wechselte im Sommer vom BVB zu Manchester United: Jadon Sancho
Foto: © Xisco Navarro via www.imago-images.de
24. November 2021, 09:56

Jadon Sancho wechselte im Sommer für viel Geld zu Manchester United - und enttäuschte dort zunächst auf ganzer Linie. Doch am Dienstag, ausgerechnet in einem ganz schwachen Champions-League-Spiel, könnte dem Ex-BVB-Star der Durchbruch gelungen sein.

Nein, ein Feuerwerk hat Manchester United am Dienstagabend in Villarreal wahrlich nicht abgebrannt. 2:0 (0:0) gewannen die Engländer zwar, aber besonders die erste Halbzeit war richtig schwach. Zu schwach mindestens dafür, dass dieses Team mit vielen, vielen Millionen aufgerüstet und mit dem zurückgekehrten Superstar Cristiano Ronaldo veredelt worden war.

Aber wenige Tage nach der über quälend lange Monate immer unausweichlicher gewordenen Entlassung von Trainer Ole Gunnar Solskjaer entdeckte das Edelensemble immerhin seine Widerstandskraft. Statt wie beim gruseligen 1:4 bei Abstiegskandidat Watford unterzugehen, erarbeitete sich Manchester United noch einen Befreiungsschlag.

"Wir sind Manchester United und wir werden nie aufhören, für diesen Klub zu kämpfen! Auf geht's, Red Devils!", deklamierte Ronaldo hernach via Instagram. Ganz im pathetischen Duktus blutiger Gladiatorenfilme. "Glückwunsch an die Jungs zu einem großartigen Sieg, der uns dorthin bringt, wo wir hingehören!"

Der 36-Jährige selbst hatte während der lähmenden letzten Monate, in denen der stolze Klub durch teils desolate Leistungen in der Premier League bis auf Platz acht abgerutscht ist, zumindest in der Champions League nahezu im Alleingang dafür gesorgt, dass das Achtelfinale jetzt gebucht ist. Auch gegen Europa-League-Sieger Villarreal, Zwölfter der spanischen Liga, traf Ronaldo. Sein sechster Treffer im fünften Spiel. Es ist Routine, dass der Superstar liefert.

Viel Häme für Ex-BVB-Star Jadon Sancho

Bemerkenswerter war da schon das 2:0 in der letzten Minute: Das erzielte mit Jadon Sancho einer, für den sie 85 Millionen Euro bezahlen. Der, der unter all den Unterperformern im roten Dress die meiste Häme einstecken musste. Als 007 verspotteten sie den 21-Jährigen schon im Oktober, der bis Dienstagabend auf seinen ersten Treffer, seine erste Torbeteiligung überhaupt in einem wichtigen Wettbewerb, für seinen neuen Klub warten musste. 0 Treffer, 0 Vorlagen, 7 Spiele, ein Clip zu dem Witz, der Sancho als James Bond von der traurigen Gestalt inszenierte, ging viral.

United-Klublegende Paul Ince schimpfte: "Ich verstehe, dass Sancho noch lernt. Er ist noch jung. Aber das ist hier kein FIFA-Spiel! Es geht nicht nur um Dribblings und darum, zwei, drei, vier Spieler auszutanzen oder um kleine Tricks und so weiter", sagte Ince The United Stand, dem größten Fan-Kanal des Klubs, in einem Video-Interview. "Ehrlich gesagt, das macht mich wütend", führte Ince weiter aus. "Ja, es ist schön, wenn sie klappen, aber bei Spielern wie Sancho und Lingard denke ich immer nur, all diese Tricks - spielt einfach vernünftigen Fußball!"

Jadon Sanchos Situation tut BVB-Boss Watzke "in der Seele weh"

In der Premier League hat Sancho bisher nur einen einzigen Schuss aufs Tor abgegeben. Nachdem Gareth Southgate im September noch verkündet hatte, mit dieser Form habe Sancho Glück, dass er es in den Kader für die WM-Qualifikationsspiele Englands geschafft habe, verzichtete der Nationaltrainer zuletzt sogar ganz auf die Dienste Sanchos. In der Liga saß er bisweilen nicht mal auf der Bank. Ein Überflieger am Boden.

In Dortmund, wo sie im Sommer nach 18 Monaten dem verzweifelten Werben Man Uniteds um einen Transfer nachgaben und sich das teuer bezahlen ließen, litten sie mit ihrem Ex-Spieler. "Ich verfolge natürlich, was er macht", erklärte BVB-Boss Hans-Joachim Watzke Ende September im "Doppelpass". "Er ist so ein toller Fußballer. Mir tut das auch in der Seele weh, dass er so wenig berücksichtigt wird."


Nun könnte sich der Wind drehen, darauf hoffen sie jedenfalls in Manchester. Dass Sancho ein besonderer Spieler ist, zeigte er vier beeindruckende Jahre lang bei Borussia Dortmund. 50 Treffer gelangen ihm da in 137 Spielen. Nun soll sich das massive Investment und die Überzeugung in die Qualitäten des Flügelstürmers auch auf der Insel auszahlen. Das 2:0 taugt allemal als Brustlöser: Mit aller Entschlossenheit und offenbar viel Wut donnerte der gescholtene Hochbegabte den Ball unter die Latte des spanischen Tores. "Ich bin stolz, mein erstes Tor für Manchester United im besten Wettbewerb des Weltfußballs zu erzielen", schrieb Sancho hinterher pflichtschuldig auf Twitter. Nicht mehr, nicht weniger.

Uniteds Interimstrainer Michael Carrick ordnete den überraschenden Vorfall da schon euphorischer ein: "Jadon war brillant. Man wird belohnt und ich habe mich für ihn gefreut", sagte der Ex-United-Spieler, der die sportlichen Geschäfte übergangsweise verantwortet. "Es war ein großer Abend für ihn, er hat auch defensiv hervorragend gearbeitet und das Tor wird ihm einen großen Schub geben." Nun liege es an Sancho selbst, "was als nächstes passiert und wie er weitermacht - er hat alles Talent der Welt", fügte Carrick hinzu. Der ehemalige United-Mittelfeldspieler Paul Scholes, der heute als Experte bei BT Sport tätig ist, fand, dass Sancho seine beste Leistung seit seinem Wechsel gezeigt hat. "Er sah fitter aus und war der beste Spieler von United - er ist ein so cleverer Fußballer", schwärmte Scholes, Denker und Lenker der legendären United-Generation um David Beckham und den jüngst geschassten Solskjaer.

Jadon Sancho "der beste Spieler auf dem Platz"

Owen Hargreaves, der ehemalige Bayern-Profi, der später für Manchester United spielte, erinnerte sich ob der starken Vorstellung schon an vergangene Großtaten: "Jadon sieht gut aus, Jadon sieht fokussiert aus, als ob jedes Mal, wenn er den Ball bekommt, etwas passieren kann. Jadon war der beste Spieler auf dem Platz, der Spieler, den wir in Dortmund zeitweise gesehen haben, der ein Spiel gewinnen kann."

Es war nicht nur das Tor, mit dem Sancho die Aufmerksamkeit auf sich zog. Ein weiterer Schuss wurde von Torhüter Geronimo Rulli stark gehalten. Eine Passquote von 92,5 Prozent (bei 24 Pässen in der gegnerischen Hälfte), ist ein beeindruckender Wert.

Es war ein wirklich nicht besonders gutes Spiel, das Manchester United in Villarreal zeigte. Von Glanz und Klasse ist man weiterhin meilenweit entfernt. "Ich dachte, wir würden in der zweiten Halbzeit besser spielen, aber es war wieder schwierig. OK, kein Problem: Wir hatten die Spieler, um das zu ändern. Und ich bin froh, dass es geklappt hat, vor allem wegen des Zusammenhalts und der Unterstützung, die sich die Spieler gegenseitig gegeben haben", sagte Carrick halb resigniert.

Und doch könnte ein komplizierter Abend etwas in Gang gesetzt haben, das größer ist als der bloße Einzug in die Runde der letzten 16 Klubs. Mindestens bei Jadon Sancho, diesem cleveren Fußballer. Am Sonntag steht das wackelige Gebilde direkt vor dem ganz großen Stabilitätstest: Dann muss Manchester United beim FC Chelsea antreten. Die Mannschaft von Thomas Tuchel fliegt von Sieg zu Sieg, in der Champions League gab es Stunden nach dem Manchester-United-Krampf einen lockeren 4:0-Sieg gegen Juventus Turin. In der Nachspielzeit traf auch Timo Werner, der in dieser Saison seinen eigenen Kampf um gute Statistiken und hohe Effizienz führt. Aber das ist seit gestern nicht mehr Sanchos Geschichte. Für den Moment wenigstens.

Till Erdenberger

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