Der Kampf um die Formel-1-Weltmeisterschaft 2021 ist einer der spannendsten der letzten Jahre. Eine ähnliche Dramaturgie gab es zuletzt 2016, als sich Nico Rosberg im direkten Duell gegen Lewis Hamilton die WM-Krone erst auf der Zielgeraden aufsetzte. Für seinen Lebenstraum nahm der Wiesbadener in jenem Jahr einiges auf sich und arbeitete an jedem noch so kleinsten Detail - vom Helm über den Handschuh bis zu seinen Socken.
Wie man eine lebende Formel-1-Legende wie Lewis Hamilton im Kampf um die Weltmeisterschaft schlägt, können nur wenige Menschen beantworten. Seit 2014 gelang dieses Kunststück einzig und allein Nico Rosberg, der in der Saison 2016 die Nase hauchdünn vorne hatte und sich die Krone erst beim letzten Rennen der Saison in Abu Dhabi aufsetzte.
Im Gespräch mit dem Lifestyle Magazin "Square Mile" verriet Rosberg, was in seinen Augen nötig ist, um einen Fahrer wie Hamilton in die Knie zu zwingen. Um Weltmeister zu werden müsse man sich zunächst seinen Rivalen ansehen, meinte der Wiesbadener. "Und in meinem Fall war es Lewis, der mittlerweile bewiesen hat, dass er der Beste aller Zeiten ist. Das Niveau war also unglaublich hoch."
Über die komplette Saison müsse man bei "110 Prozent" sein, so Rosberg: "Etwas weniger und man hat gegen ihn keine Chance." Zudem sei es unerlässlich, konstant zu sein und keine schwachen Rennen zu haben. "Und dann gibt es bei Lewis diese Momente, in denen er etwas Motivation verliert und leicht nachlässt. Diese Momente muss man ausnutzen, um ihn etwas länger unten zu halten. Das ist das, was 2016 passiert ist."
Nico Rosberg: Das war der Knackpunkt auf dem Weg zum Formel-1-Titel 2016
Knackpunkt auf dem Weg zur WM in diesem Jahr war laut Rosberg das Rennen in Suzuka, wo sich der Deutsche mit einem Vorsprung von 0,013 Sekunden die Pole Position sicherte.
"Lewis hatte die provisorische Pole und dann habe ich ihn mit dem kleinsten aller Vorsprünge geschlagen. [...] Ich glaube, das hat ihn etwas aus der Bahn geworfen. Er hatte im Rennen einen schlechten Start und ist nur Dritter geworden, während ich einen relativ leichten Sieg eingefahren bin und die Führung in der WM übernommen habe. Das hat sich am Ende als entscheidend herausgestellt."
Besagte Pole Position in Suzuka war laut Rosberg aber nicht etwa Glück oder ein Zufallsprodukt, sondern das Ergebnis seines Trainings bzw. "Nicht-Trainings". "Diese zwei Hundertstel war meine Beinmuskulatur, die ich im Sommer verloren haben, weil ich mit dem Radfahren aufgehört habe. Ein Kilo sind drei Hundertstel pro Runde", rechnete Rosberg vor.
Die Muskulatur an seinen Beinen sei das einzige gewesen, wo er noch Gewicht hätte einsparen können, erinnerte sich der Ex-Pilot: "Ich war schon sehr dünn, aber diese Beinmuskeln hatte ich noch. Also bin ich sie in den zwei Monaten im Sommer losgeworden."
Optimierung an Helm, Socken und Handschuhen
Seine Beine waren aber nicht der einzige Ort, an dem Rosberg Optimierungen vornahm. "Mein Helm [in dieser Saison] war schwarz, weil ich auf eine Lackierung verzichtet habe, die 80 Gramm gewogen hat. Meine Socken haben an meinen Knöcheln aufgehört statt unter meinen Knien, weil das noch mal fünf Gramm waren. Und auf meinen Handschuhen war ein Aufnäher, der das Gefühl auf der Kupplung ein bisschen gestört hat. Also bin ich den auch losgeworden", berichtete der 36-Jährige, der zusätzlich jeden zweiten Tag mit einem Sport-Psychologen arbeitete.
"All diese kleinen Details haben am Ende den Unterschied gemacht. Aber wenn das nötig ist, um zu gewinnen, dann muss man diese Opfer bringen", erklärte der Deutsche.
Dass er seine Karriere nach diesem kraftraubenden Jahr beenden würde, war Rosberg schnell klar. Auf die Frage, wann er wusste, dass er nach der Saison zurücktreten würde, sagte er: "Zwei Meter nach der Ziellinie in Abu Dhabi." Er hatte einfach "alles gegeben" und es fühlte sich wie ein "großartiger Moment" für diesen Schritt an.


