Die Olympischen Spiele in Tokio biegen auf die Zielgerade ein. Auch am 14. Wettkampftag gab es wieder etliche Jubelszenen, eine davon war aus deutscher Sicht besonders herzzerreißend. Aber die Spiele sorgten auch für einige Aufreger. Vor allem die Modernen Fünfkämpfer standen im Mittelpunkt.
Der 14. Olympia-Tag: Das fiel auf:
SO NICHT: Thomas Bach steigerte sich gerade in eine Lobeshymne auf die ach so glanzvolle olympische Gegenwart, als er mit den Schrecken der nahen Zukunft konfrontiert wurde. "Herr Bach, würden Sie die Internierung von Uiguren in chinesischen Lagern verurteilen?", wollte ein Reporter mit Blick auf die Winterspiele 2022 in Peking wissen. Eine Antwort bekam die Sportwelt nicht. Das hier sei Tokio, sagte Sprecher Mark Adams, der seinem Chef zur Hilfe eilte - außerdem warte ein Flug nach Sapporo auf den IOC-Präsidenten. Nur ja keine Stellung beziehen. Nur ja kein Ärger mit China.
UND SO AUCH NICHT!: Das IOC hat im Fall "Kristina Timanowskaja" zwei belarussische Funktionäre aus dem Olympischen Dorf geschmissen - und stößt auf Widerstand aus Belarus. Damit setzt sich die Auseinandersetzung zwischen den Herren der Ringe und dem Problem-NOK auf olympischer Bühne fort. Für IOC-Präsident Thomas Bach ist die Angelegenheit "nicht abgeschlossen", die Gegenspieler aus Belarus wehren sich gegen "jegliche Form der Diskriminierung". Fortsetzung folgt.
So lief es am 14. Olympia-Tag für die Deutschen:
GEHT DOCH: Als wäre die wohl größte deutsche Aschenputtel-Story noch nicht märchenhaft genug, hatte Teufelskerl Jonathan Hilbert auch noch die romantischste Geschichte dieser Spiele parat. Seine Freundin Anna habe ihm für jeden Tag einen handgeschriebenen Brief mitgegeben, erzählte der Geher aus Gotha nach seinem sensationellen Silber-Coup von Sapporo unter Tränen live im TV bei der "ARD": "Den letzten haben wir gestern zusammen am Telefon geöffnet. Sie hat jede Sekunde an mich geglaubt. Deshalb ist das hier auch für dich, Anna!" 50 Kilometer und fast vier Stunden lang hatte der 26-Jährige wie ein Löwe gekämpft. Am Ende stand eine nie für möglich gehaltene Medaille, die erste für einen deutschen Geher seit 29 Jahren.
NICHTS GEHT I: Als Timo Boll seinem alten Freund Dimitrij Ovtcharov auf dem Podest die Silbermedaille um den Hals hängte, war die Enttäuschung endgültig verflogen. "Da waren ein paar Freudentränen mit dabei. Für mich war das eine Ehre - und Timo hat gesagt, für ihn auch", sagte Ovtcharov nach der Siegerehrung sichtlich bewegt. Vom ersten Ärger der deutschen Tischtennis-Männer war nach dem klar verlorenen Finale gegen China (0:3) schon nichts mehr zu sehen. "Direkt nach dem Finale waren wir enttäuscht, klar", sagte Boll, "aber wir haben uns nicht vorzuwerfen. Respekt an die Chinesen, sie haben von Beginn an Vollgas gegeben."
GEHT NICHT: Annika Schleus Verzweiflung wuchs mit jeder Sekunde, als sie im Modernen Fünfkampf die Disziplin Reiten zu absolvieren hatte. Sie weinte, sie schlug nach dem skandalösen Zuruf von Bundestrainerin Kim Raisner ("Hau drauf, hau richtig drauf!") mit der Gerte, sie rammte die Sporen in das Pferd, doch nichts brachte die panisch wirkende Athletin und den völlig verunsicherten Saint Boy noch in Einklang. Das Pferd weigerte sich, Schleus Willen zu folgen, ging meist zurück und nicht vor - und verweigerte vor Hindernissen. Dahin war die Führung, dahin war Gold. Am Ende stand Rang 36.
GEHT GAR NICHT!: "Hau drauf, hau richtig drauf!" - diese Aufforderung hätte sich Kim Raisner sparen können, ja: müssen. Die Bundestrainer der Fünfkämpferinnen fand hinterher, das sei jetzt nicht sooo schlimm gewesen. Nun ja. Die siebenmalige (Dressur-)Olympiasiegerin Isabelle Werth sagte dem "SID" unterdessen: "Fünfkampf hat nichts, aber auch gar nichts mit Reiten zu tun. Die Pferde sind ein Transportmittel, zu denen die Athleten keinerlei Bezug haben. Denen kann man genauso gut ein Fahrrad oder einen Roller geben."
Mehr dazu: Werth spricht über Eklat im Modernen Fünfkampf
GEHT SO AUCH NICHT!: Der EM-Dritte Noah Bitsch hat nach dem Verpassen des Halbfinales bei der Olympia-Premiere der Karateka schwere Vorwürfe erhoben. Der letzte Kampf seiner Vorrundengruppe sei abgesprochen gewesen, sagte er mit Blick auf den zweimaligen Weltmeister Rafael Aghajew aus Aserbaidschan, der gegen den italienischen Vizeweltmeister Luigi Busa verlor. Dadurch zog Busa noch an Bitsch vorbei auf Platz zwei und ins Halbfinale ein. "Wer die beiden kennt, weiß, dass dieser Kampf fingiert war", sagte Bundestrainer Thomas Nitschmann.
NICHTS GEHT II: Christin Hussong saß geschockt auf der Bank. Die Speerwerferin wollte unbedingt eine Medaille holen, doch schon beim Endkampf der besten Acht war die 27-Jährige nur noch Zuschauerin. Nur 59,94 m, knapp zehn Meter weniger als ihre Saisonbestleistung. "Es war der schlechteste Wettkampf im ganzen Jahr", sagte Hussong in der "ARD": "Das ist natürlich sehr beschissen, wenn das im Olympia-Finale passiert. Wenn man technisch so schlecht wirft, hat man es auch nicht verdient."
Vorschau: Das sind die Höhepunkte am 15. Olympia-Tag:
(alle Zeiten MESZ)
BASKETBALL: Finale Männer zwischen den USA und Frankreich (4:30 Uhr MESZ)
FUSSBALL: Finale Männer zwischen Brasilien und Spanien (13:30)
HANDBALL: Finale Männer zwischen Frankreich und Dänemark (14:00)
KANU-RENNSPORT: Auf dem Sea Forest Waterway winken den deutschen Rennkanuten Medaillen (ab 2:30)
LEICHTATHLETIK: Holt Johannes Vetter Gold? Er wirft ab 13:00.
RADSPORT, BAHN: Um 8:30 Uhr geht der Sprint der Frauen mit Lea-Sophie Friedrich und Emma Hinze weiter.
REITEN: Mannschaftsfinale der Springreiter (ab 12:00)
KARATE: Weltmeister Jonathan Horne aus Kaiserslautern will Gold, Halbfinale und Finale wären ab 12:37 Uhr.
VOLLEYBALL: Finale Männer zwischen Frankreich und ROC (14:15)