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Olympische Sommerspiele 2024
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Mi, 24.07. - So, 11.08.

Erste Medaille seit Doppel-Gold von Britta Steffen

Wie Sarah Köhler die deutsche Schwimm-Tristesse beendete

Sarah Köhler gewann Bronze
Sarah Köhler gewann Bronze
Foto: © Sportphoto by Laci Perenyi via www.imago-images.de
28. Juli 2021, 12:32

Sarah Köhler zitterte am ganzen Körper und weinte vor Freude. Mit Bronze um den Hals fiel die riesige sportliche Last der vergangenen Jahre in inniger Umarmung mit dem Bundestrainer von ihr ab. "Wir haben es geschafft!" Mehr brauchte Köhler nicht zu sagen.

Mit ihrem formidablen Auftritt über 1500 Meter Freistil gewann die 27-Jährige am Mittwoch die erste Olympia-Medaille der deutschen Beckenschwimmer seit Doppel-Gold von Britta Steffen vor 13 Jahren. "Das ist auf jeden Fall etwas Besonderes - gerade weil es Britta war und wir uns so nahestehen und uns so gut verstehen", sagte sie.

Ratgeberin und Freundin Steffen bangte beim Rennen in der deutschen Nacht zum Mittwoch auf der Couch zu Hause vor dem Fernseher mit der Verlobten von Weltmeister Florian Wellbrock. "Ich bin stolz wie eine ältere Schwester auf ihre jüngere", beschrieb es die 37-Jährige der Deutschen Presse-Agentur. "Sie hat das fantastisch gemeistert. Ich bin sehr glücklich, dass sie endlich den Bann vom Team genommen hat." Auch Bundestrainer Bernd Berkhahn war merklich bewegt. "Das ist schon ein toller Moment", sagte er. "Begeisternd!"

Sarah Köhler tief gerührt

In klarer deutscher Rekordzeit musste sich Wellbrocks Partnerin am Tag vor dessen erstem Tokio-Finale nur den Amerikanerinnen Katie Ledecky und Erica Sullivan geschlagen geben. "Ich wollte unbedingt diese Medaille und habe versucht, den Schmerz zu ignorieren", sagte Köhler und sprach vom "Rennen meines Lebens" - bis jetzt. Bei der Siegerehrung küsste sie ihre Medaille. Mit der nun sechsmaligen Olympiasiegerin Ledecky plauderte die Athletensprecherin fröhlich am Beckenrand.

Tief gerührt warf Köhler Kusshände zu den Teamkollegen auf der Tribüne, wo die 15:42,91 Minuten lautstark und mit schwarz-rot-goldenen Fahnen bejubelt wurden. "Ab 900 Metern etwa tat es richtig weh, irgendwann ist es ein Kampf gegen den inneren Schweinehund", sagte Köhler. Weltrekordler Paul Biedermann gratulierte zu Edelmetall und zur "starken Zeit".

Die ersehnte Medaille, mit der sich Köhler einen "Kindheitstraum" erfüllte, bewies endgültig, dass sich die Veränderungen der vergangenen Jahre gelohnt haben. Köhler wechselte im Sommer 2018 von Frankfurt/Main in die starke Trainingsgruppe Berkhahns nach Magdeburg. Dort machte sie noch einmal einen Leistungssprung. Und auch privat fand sie ihr Glück, zog mit Wellbrock zusammen.

Der Vize-Weltmeisterschaft über 1500 Meter Freistil und dem Titel mit der Freiwasserstaffel im Sommer 2019 folgte ein Kurzbahn-Weltrekord über 1500 Meter Freistil im Winter. Als Olympia 2020 wegen der Corona-Pandemie verschoben wurde, verlegte die meinungsstarke Jura-Studentin auch ihr Staatsexamen um ein Jahr nach hinten.

Nationale Bestmarke verbessert

Am Tag vor dem Auftritt Wellbrocks über 800 Meter Freistil war Köhlers Performance schlicht herausragend. Ihre nationale Bestmarke verbesserte sie um rund sechs Sekunden. Dass der Lebenspartner angesichts der Konzentration auf die eigenen großen Ziele nicht zum Anfeuern auf der Tribüne saß, störte sie nicht.

"Wir haben uns noch kurz gesehen, nachdem ich mit dem Einschwimmen fertig war und das war's auch", sagte Köhler in den Katakomben des Tokyo Aquatics Centres. "Wir sind hier bei Olympischen Spielen. Es geht hier um die Medaillen. Darum, die beste Leistung abzuliefern, und nicht hier irgendwie rumzukuscheln." Auch im olympischen Dorf wohnt das Paar nicht zusammen. "Für uns ist das kein Thema", sagte Köhler. "Wir können zu Hause wieder in einem Bett schlafen."

Wellbrock startet nach dem Endlauf über 800 Meter Freistil in der Nacht zum Donnerstag als Weltmeister im 1500-Meter-Rennen und im Freiwasser jeweils als Goldkandidat. Ähnlich wie Köhler tritt auch er in Tokio konzentriert und selbstbewusst auf. Köhlers Medaille sei "super und wichtig", sagte Freiwasser-Rekordweltmeister Thomas Lurz, der Wellbrock Großes in Japan zutraut. "Ich denke, es kommen noch ein paar Medaillen dazu." Lurz hatte in London 2012 Silber über zehn Kilometer gewonnen. Das war die letzte deutsche Schwimmermedaille - bis Köhler kam. "Das schafft wieder mehr Selbstbewusstsein", sagte Steffen.

Bundestrainer Berkhahn hofft, dass das erste Olympia-Edelmetall nach so langer Zeit auch seinen anderen Athleten Auftrieb gibt. "Für mich ist jetzt wichtig, dass die Sportler merken, dass ein Schwimmer vom DSV in der Lage ist, bei Olympischen Spielen eine Medaille zu gewinnen", sagte der 50-Jährige. "Dass dieser Knoten geplatzt ist."

1500m Freistil (F) 2020

1USAKatie Ledecky15:37.34m
2USAErica Sullivan+4.07s
3DeutschlandSarah Wellbrock+5.57s
4ChinaJianjiahe Wang+9.03s
5ItalienSimona Quadarella+16.63s

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