Bei Nadine Apetz steigt das Startfieber ins Unermessliche. Die Kölnerin will endlich in den Ring steigen, ihre Auftaktgegnerin besiegen, ihre Medaillenchance wahren - und ein kleines Stück deutsche Olympia-Geschichte schreiben. Die Weltergewichtlerin ist die erste deutsche Boxerin überhaupt, die bei Sommerspielen an den Start geht.
"Dass das irgendwann in irgendwelchen Büchern steht, ist bei mir noch nicht richtig durchgesickert", sagte die 35-Jährige. Es fühle sich wie ein Traum an, "erst wenn ich in den Ring steige, wird das Ganze für mich real".
Seit 2012 ist das Frauen-Boxen olympisch, doch eine deutsche Faustkämpferin hat es weder nach London noch vier Jahre später nach Rio de Janeiro geschafft. Apetz ist die erste - und das gibt ihr zusätzliche Motivation für ihr Auftakt-Duell ist am Dienstag (7.26 Uhr/MESZ) gegen die Inderin Lovlina Borgohain.
Zuallererst will die zweimalige WM-Dritte "schönes Boxen" zeigen und "mit dem Vorurteil aufräumen, der Boxsport sei nur roh und brutal". Damit wolle sie Mädchen und deren Eltern ansprechen, "denn weiblichen Box-Nachwuchs brauchen wir ganz dringend".
Sie selbst ist erst spät und durch Zufall zum Boxen gekommen. Nachdem der Reitsport und die Leichtathletik sie nicht glücklich gemacht hatten, kam sie während des Studiums (Biologie und Neurowissenschaften) durch eine AG mit dem Boxen in Berührung. Apetz bewies großes Talent, doch für den Leistungssport war zunächst keine Zeit.
Für ihre Masterarbeit und anschließende Promotion zog Apetz nach Australien. Drei Jahre blieb sie dort, flog aber für die deutschen Meisterschaften immer heim. "Alle drei Jahre habe ich den Titel gewonnen und bin wieder abgehauen", berichtet Apetz. Das fühlte sich falsch an. Und so beschloss sie, in Australien ihre Zelte abzubrechen und eine späte Karriere als Leistungssportlerin zu starten.
Apetz wollte schon aufhören
Das Ticket für Rio hatte sie in der Gewichtsklasse bis 75 kg noch verpasst und wollte bereits aufhören. Doch für Tokio wurde das Weltergewicht bei den Frauen eingeführt - und Apetz war wieder Feuer und Flamme. Anfangs machte sie ihre neue Doktorarbeit mit dem Titel "Die tiefe Hirnstimulation bei Parkinson im Alter" noch nebenher, seit anderthalb Jahren schuftet Apetz nur noch für das eine Ziel: Olympia.
Neben Apetz steigt am Dienstag auch Schwergewichtler Ammar Riad Abduljabbar erstmals in den Ring, der Hamburger bekommt es mit dem Peruaner Jose Maria Lucar Jaimes zu tun. Zum Auftakt am vergangenen Samstag war Federgewichtler Hamsat Shadalov in der ersten Runde gescheitert.
