Mittelfeldspieler Nadiem Amiri von Bayer Leverkusen hat nach den verbalen Auseinandersetzungen im Anschluss an das Auswärtsspiel der Fußball-Bundesliga am Freitagabend bei Union Berlin (0:1) die Entschuldigung des Berliner Spielers Florian Hübner angenommen. Von Seiten der Köpenicker hat der Verteidiger aber keine Sanktion zu erwarten.
"Er ist nach dem Spiel zu mir in die Kabine gekommen. Es sind auf dem Platz aus den Emotionen heraus unschöne Worte gefallen, die ihm sehr leid tun", wurde Nadiem Amiri in einer Mitteilung seines Vereins am Samstagmorgen zitiert. "Er hat mir das glaubwürdig versichert und deswegen ist die Sache für mich nun erledigt", meinte der deutsche Nationalspieler.
Amiris Mitspieler Jonathan Tah hatte nach dem Spiel bei "DAZN" gemeint: "Nadiem Amiris Herkunft wurde beleidigt. Das gehört hier nicht auf den Platz. Das ist das Traurigste am gesamten Abend." Die Worte "Scheiß Afghane" sollen in diesem Zusammenhang gefallen sein.
Union Berlins Manager Oliver Ruhnert hat die Rassismus-Vorwürfe in einem digitalen Pressegespräch des Fußball-Bundesligisten am Samstagvormittag schließlich zurückgewiesen und seinen Spieler Florian Hübner in Schutz genommen.
"Er hat sich so nicht geäußert", sagte Ruhnert. Dem Verteidiger Rassismus "anzudichten" sei schon alleine wegen der Hautfarbe von dessen Ehefrau "schwierig", fügte Ruhnert an. Eine Sanktion gegen Hübner durch den Verein werde es daher nicht geben.
Union Berlins Trainer Urs Fischer hatte noch am Freitagabend schnell eine Aufklärung der Vorwürfe angekündigt. "Ich kann es nicht beweisen, ich werde das ansprechen, wir werden versuchen, das zu klären", versprach der Coach des Überraschungsteams der Bundesliga unmittelbar nach dem nächsten sportlichen Coup der Eisernen beim 1:0 gegen die Werkself am späten Freitagabend.
Drama auf dem Feld wird zur Nebensache
Noch auf dem Platz hatte Fischer versucht, den aufgebrachten Amiri zu beruhigen. Auf TV-Bildern ist zu sehen, wie sich der 24-Jährige aufgebracht mit mehreren Kontrahenten unterhält. Gestik und Mimik aller Beteiligten verdeutlichen die angespannte Stimmung.
Der Wirbel um die verbalen Anfeindungen gegen den Bayer-Profi überlagerten das dramatische Ende des Bundesliga-Topspiels im Stadion an der Alten Försterei und sorgen für neue Brisanz in der Rassismus-Debatte auch im deutschen Fußball. Cedric Teuchert hatte erst kurz vor Schluss (88. Minute) getroffen.
Noch in den Kabinen soll es nach dem Spiel zu Klärungsversuchen und Gesprächen der Beteiligten gekommen sein. Union Berlin stehe klar für Anti-Rassismus, verdeutlichte Kommunikationschef Christian Arbeit. "Wir entschuldigen uns dafür, wenn das so gefallen ist. Es tut uns leid, das möchten wir gerne auch hier nochmal den Gästen mitgeben", betonte der Pressesprecher.
Fischer will sich indes ein genaues Bild machen, Gespräche mit seinen Spielern führen. Zur Tagesordnung will man in Berlin-Köpenick jedenfalls nicht übergehen. Diese Reflexion war zuletzt im Profisport beim heiklen Thema Rassismus eher unüblich. "Ich höre von beiden Seiten, dass da Worte gefallen sind. Ich möchte das in Ruhe klären und nicht was erzählen, was ich nicht weiß", betonte der Schweizer. "Solche Dinge haben auf dem Fußballplatz nichts verloren. Von daher gilt es sicherlich, das aufzuarbeiten."
"Ich glaube, dass wir da noch einiges zu lernen haben"
Amiri, dessen Eltern in den 80er Jahren aus Afghanistan nach Deutschland kamen, soll nach dem Spiel aufgelöst in der Kabine gesessen haben. Kerem Demirbay, der die angebliche Beleidigung seines Freundes Amiri nicht direkt kommentieren wollte, machte Schiedsrichter Florian Badstübner den Vorwurf, die Situation nicht adäquat im Blick gehabt zu haben. Die Beschreibung des Referees im Spielbericht ist mitentscheidend für eine Begutachtung des Falls durch den DFB-Kontrollausschuss.
Die sportlichen Aspekte eines am Ende dramatischen Fußball-Abends gerieten durch die Debatte um die Vorwürfe in den Hintergrund. Union Berlin ließ nach dem FC Bayern (1:1) und Borussia Dortmund (2:1) auch den nächsten Topklub verzweifeln und hat sich als vorläufiger Tabellenvierter zwischen den Branchenführern etabliert. "Auf Augenhöhe" mit den Großklubs sieht Fischer seine Eisernen aber noch lange nicht. "Ich glaube, dass wir da noch einiges zu lernen haben."
Bayer-Coach Bosz bewertet die Entwicklung der Berliner auf dem möglichen Weg in den Europacup anders. "Union ist absolut ein Konkurrent. Wann man nach den Punkten guckt, es ist noch ein Punkt, dann sind sie an uns dran". Seinem eigenen Team wollte er trotz des vierten sieglosen Liga-Spiels und dem verpassten Sprung auf Platz zwei nur einen Vorwurf machen: "Wenn man das Spiel nicht gewinnen kann, dann muss man es wenigstens nicht verlieren."






























