Selten oder nie stand eine Handball-Weltmeisterschaft für eine Deutsche Nationalmannschaft unter so schlechten Vorzeichen wie in diesem Jahr. Gerade daraus sollte das DHB-Team seine Energie beziehen. Ein Kommentar.
Überbelastete Top-Spieler, die seit Mitte September über 20 Pflichtspiele in den Knochen haben. Eine Mini-Vorbereitungszeit von knapp zwei Wochen, in der Akteure aus 13 verschiedenen Klubs zusammengeführt werden mussten. Eine Absagenflut von gleich sieben (!) Leistungsträgern aus persönlichen oder gesundheitlichen Gründen. Und ein Turnier in Ägypten in der Hochphase einer globalen Pandemie, welches vom überwiegenden Teil der Bevölkerung kategorisch abgelehnt wird.
Die Liste der Argumente, die gegen das DHB-Team, einen erfolgreichen WM-Verlauf und das Turnier in Gänze sprechen, wurde in den letzten Wochen lang und länger.
Und dennoch: Die deutsche Handball-Nationalmannschaft kann diese WM zu ihrem Turnier machen. Sowohl einzelne Akteure, als auch das gesamte Team können sich bei den Titelkämpfen in Ägypten in den Vordergrund spielen und nach den vielen Negativ-Schlagzeilen für einen positiven Verlauf der kommenden zweieinhalb Wochen sorgen.
Es geht jetzt um den Sport
Ein Ausblick muss sich jetzt um das Wesentliche drehen: Es geht um den Sport und es geht um die Konkurrenzfähigkeit des DHB-Teams. Um nicht mehr und um nicht weniger.
Der sportliche Blick auf die Mannschaft um Kapitän Uwe Gensheimer verspricht dabei in erster Linie eins: Spannung!
Spannung hinsichtlich der Unvorhersehbarkeit und Spannung hinsichtlich des Potenzials, welches auch ohne das Weltklasse-Kreisläufertrio Wiencek/Pekeler/Kohlbacher und ohne das Linkshänder-Trio Wiede/Weinhold/Semper in dieser deutschen Auswahl steckt.
Bundestrainer Alfred Gislason ist es innerhalb kürzester Zeit gelungen, einer zusammengewürfelten Truppe einen Charakter zu verleihen, ihr Ausstrahlung zu geben und ein Gesicht, welches ab dem Auftaktspiel gegen Uruguay zum Strahlen gebracht werden soll.
Das kann, muss aber nicht passieren: Ein Einzug ins Viertelfinale nach den beiden Gruppenphasen ist ebenso möglich wie ein sang- und klangloses Scheitern gegen mittelprächtige Gegner. Für die Mannschaft, zusammengestellt aus alten Hasen (Wolff, Gensheimer, Böhm, Reichmann, ...) und jungen Wilden (Golla, Knorr, Kastening, Metzner, ...), stehen alle Wege offen.
Spielt sie sich in einen Siegesrausch und findet im Laufe der kommenden Tage zu einer geschlossenen Einheit unter Galionsfigur Gislason zusammen, wird dieses Team ein Millionenpublikum begeistern. Scheitert sie schon an den ersten Hürden, die auf dem Weg ins Viertelfinale warten, gibt sie sich dem Spott der Zweifler preis, die es ja im Vorfeld eh schon besser wussten.
Über das Drumherum, das Für und vor allem das Wider dieser WM wurde genug geredet, diskutiert und geschimpft - nun lasst uns über Handball reden!
Mats-Yannick Roth









