Am 04. Juli 2020 errang die U23 des FC Bayern einen historischen Erfolg: Als erste Zweitvertretung eines Profi-Klubs gewannen die Bubis des Rekordmeisters die Meisterschaft in der 3. Liga. Ein halbes Jahr später ist von der damaligen Euphorie nichts geblieben. Bayern II steckt im Abstiegskampf. Wie konnte es so weit kommen?
Nach 16 absolvierten Spielen 2020/21 zieren gerade einmal 17 Punkte das Konto des FC Bayern II. Das 0:2 im prestigeträchtigen Stadtderby gegen den TSV 1860 München am vergangenen Wochenende markierte bereits die siebte Niederlage, nur viermal verließen die Münchner den Rasen als Sieger.
Die Gründe für den Absturz sind vielfältig, völlig überraschend kommt der ausbleibende Erfolg allerdings nicht. Schließlich dient auch beim Branchenprimus des deutschen Fußballs die zweite Mannschaft optimalerweise als Sprungbrett für größere Aufgaben.
Zunächst fand Meistercoach Sebastian Hoeneß bei der TSG 1899 Hoffenheim einen Job im deutschen Oberhaus.
Der FC Bayern entschied außerdem, dass sich mit Spielmacher Sarpreet Singh (22 Spiele/7 Tore in 2019/20), Mittelfeldabräumer Paul Will (22 Spiele) sowie Abwehr-Juwel Lars Lukas Mai (26 Spiele/1 Tor) drei Leistungsträger der Meistersaison vorerst auf Leihbasis dem Wettbewerb in der 2. Bundesliga stellen sollten.
Offensiv-Talent Oliver Batista Meier wurde zudem an den niederländischen Erstligisten sc Heerenveen verliehen.
FC Bayern gibt 15 Spieler ab - Neuzugänge zünden nicht
Darüber hinaus glaubte Kwasi Wriedt, erfolgreichster Torschütze (24 Treffer) und bester Spieler der Meistersaison, mit Mitte 20 wohl nicht mehr an einen Durchbruch in München. Der gebürtige Hamburger versucht sein Glück derzeit in den Niederlanden bei Willem II. Mit Derrick Köhn (28 Spiele/2 Tore) begleitete eine weitere Stammkraft den Angreifer.
Insgesamt verließen 15 Akteure die älteste Nachwuchsmannschaft des FC Bayern.
Dass Abwehrspieler Chris Richards (30 Spiele/4 Tore in 2019/20), Offensivtalent Jamal Musiala (8 Spiele/2 Tore) und Angreifer Joshua Zirkzee (16 Spiele/2 Tore) regelmäßig im Profikader stehen, spricht zwar für die Nachwuchsarbeit an der Säbener Straße. Die Situation beim FC Bayern II vereinfachte dies allerdings nicht.
Auf der Gegenseite stießen zwar auch einige neue Hoffnungsträger zum Team (allein elf Spieler stiegen von den A-Junioren auf), einen Stammplatz konnte sich bislang allerdings nur der französische Außenverteidiger Rémy Vita erkämpfen.
Vor allem Benfica-Leihgabe Tiago Dantas bleibt deutlich hinter den Erwartungen zurück. Dass man die Kaufoption über 7,5 Millionen Euro für den Wunschspieler von Profi-Trainer Hansi Flick zieht, scheint wenig wahrscheinlich. Auch wenn Flick sich auf der Pressekonferenz vor dem Pokalspiel bei Holstein Kiel vor Dantas stellte und die Kritik an ihm als "nicht fair" abkanzelte.
FC Bayern: "Der Campus lebt"
Klar ist intern allerdings: Die runderneuerte Mannschaft, bei der seit dem Sommer erneut und vorübergehend Nachwuchsleiter Holger Seitz an der Seitenlinie steht, wird nicht an den Ergebnissen der letzten Spielzeit gemessen.
"Wir wollen Spieler für den Profibereich ausbilden", betonte Seitz, unter dessen Führung Bayern II 2019 in die 3. Liga aufgestiegen war, im Gespräch mit "fcbayern.com". "Diesem Auftrag sind wir absolut gerecht geworden. Der Campus lebt."
Fehler gesteht der Ex-Profi seinen Schützlingen sowieso zu, "denn wenn jeder nur Dinge macht, die er sicher kann, wird er stagnieren."
Auch für die Hauptdarsteller auf dem Rasen kommt der Absturz von den vorderen Plätzen nicht völlig unerwartet. Bereits während der Vorbereitung habe man sich von dem Gedanken verabschiedet, "dass es jetzt einfach so weiterläuft, nur weil wir letzte Saison Meister geworden sind", erklärte Keeper Ron-Thorben Hoffmann.
FC Bayern: Sieg gegen Dynamo Dresden macht Mut
Routinier Nicolas Feldhahn, der in fünfeinhalb Jahren beim FC Bayern II schon viele Talente hat kommen und gehen sehen, glaubt allerdings ans Potenzial des aktuellen Kaders: "Ich habe das Gefühl, dass wir jeden schlagen können, wenn wir unsere Leistung abrufen", so der 34-Jährige.
Eine Aussage, die die Münchner U23 auch 2020/21 bereits mit Taten untermauerte. Drei der vier Saisonsiege feierte man gegen Teams, die aktuell noch voll im Aufstiegskampf mitmischen. Unter anderem fegte man Tabellenführer Dynamo Dresden mit 3:0 vom Platz.
Ohnehin ist der Platz im unteren Tabellendrittel nicht zementiert. Zu ausgewogen, beinahe unberechenbar präsentiert sich die niedrigste deutsche Spielklasse auch in dieser Spielzeit einmal mehr. Selbst Dresden konnte nur elf seiner 18 Partien gewinnen, 1860 auf Rang drei feierte gerade einmal doppelt so viele Siege wie der FC Bayern, der zudem zwei Spiele weniger als der Lokalrivale bestritt.
Ein Schritt aus der sportlichen Krise soll bereits am Dienstag erfolgen. Um 19:00 Uhr gastiert der SV Meppen im Stadion an der Grünwalder Straße.
"Es gibt immer Widerstände. Das Wichtigste ist, dass sich die Jungs dagegen wehren, den Kopf oben haben und mit maximaler Einsatzbereitschaft nach vorne schauen", kommentierte Seitz mit Blick auf die Partie. Dieser Forderung müssen seine Schützlinge nun Leben einhauchen.
Marc Affeldt






























