Nationalspieler Patrick Wiencek verzichtet auf eine WM-Teilnahme. Bundestrainer Alfred Gislason zeigt Verständnis, muss aufgrund der Corona-Pandemie aber weitere Absagen befürchten.
Wochenlang zermarterte sich Patrick Wiencek den Kopf, am Montag sagte der Abwehrchef der deutschen Handballer seine WM-Teilnahme schweren Herzens ab. "Das war eine der schwersten Entscheidungen meines Sportlerlebens", sagte Wiencek über seinen coronabedingten Verzicht. Der wuchtige Kreisläufer ist der erste Nationalspieler, der das umstrittene Turnier im Januar in Ägypten auslässt - doch es droht ein Domino-Effekt.
"Jeder weiß, wie stolz ich auf jedes meiner Länderspiele bin", so Wiencek (146 Länderspiele). Er sei aber nicht nur Nationalspieler, sondern auch Spieler des THW Kiel und vor allem Familienvater: "In dieser Konstellation und in dieser immer noch besonderen Situation hat es sich einfach nicht richtig angefühlt, im Januar vier Wochen weit weg von zu Haus zu sein."
Bundestrainer Alfred Gislason, der in einem persönlichen Telefonat von Wienceks Entschluss erfahren hatte, reagierte gefasst. "Ich habe großes Verständnis für Patricks Entscheidung in dieser Zeit", sagte der Isländer dem "SID": "Aber ich bin traurig, dass uns so ein wichtiger Spieler nicht zur Verfügung stehen wird. Uns bleibt nichts anderes übrig, als das Beste daraus zu machen."
Dem DHB droht eine Kettenreaktion
Gislason ahnt, dass die Absage Wienceks womöglich nicht die einzige bleiben wird. "Möglich ist das", sagte er geknickt. Dafür müsse man in "jetzigen Corona-Zeiten aber Verständnis haben". Zuletzt hatten neben Wiencek, der seit Jahren zum festen Stamm der Nationalmannschaft gehört, auch andere DHB-Spieler die Austragung der WM trotz grassierender Pandemie öffentlich kritisiert.
Der Deutsche Handballbund (DHB) hatte angesichts einer wahren Welle von WM-Zweifeln seine Teilnahme an dem Turnier öffentlich bekräftigt, die Entscheidung aber jedem einzelnen Spieler freigestellt. "Wir befinden uns im engen Austausch mit allen Spielern des erweiterten Kaders. Zur WM ist uns dabei eine grundsätzliche Zustimmung signalisiert worden", sagte DHB-Sportvorstand Axel Kromer nun. Wienceks Entschluss respektiere man: "Das schafft Klarheit."
Schon jetzt steht fest, dass Bundestrainer Gislason neben Wiencek aus dem bereits am 15. November gemeldeten 35er-Kader auf mindestens einen weiteren Spieler verzichten muss: Linkshänder Franz Semper (SG Flensburg-Handewitt) erlitt in der vergangenen Woche einen Kreuzbandriss. Eine Diagnose für Mittelmann Tim Suton (TBV Lemgo), der sich am Sonntag am Knie verletzte, steht noch aus.
Die Nominierung des WM-Kaders, mit dem die deutsche Nationalmannschaft in die voraussichtlich am 3. Januar beginnende Vorbereitung gehen wird, hat Gislason für den 21. Dezember geplant. In das WM-Turnier wird das DHB-Team erstmals mit 20 statt bisher 16 Spielern starten können.









