Der Einstand von Alfred Gislason als Bundestrainer ist gesichert, doch der Rahmen ist angesichts der angespannten Corona-Situation überhaupt nicht festlich. Im Hintergrund schwelt die Frage: Was wird aus der WM im Januar?
Der geplante Einstand im Frühjahr? Abgesagt. Die Olympia-Quali im April? Ausgefallen. Die Olympischen Spiele im Sommer? Verschoben. Nach 273 Tagen im Amt hat das nervenzehrende Warten für Alfred Gislason nun endlich ein Ende.
"Ich freue mich sehr. Die Mannschaft ist richtig gut drauf", sagte der Bundestrainer der deutschen Handballer am Tag vor seinem Debüt. Er wolle "natürlich Leidenschaft sehen, dass jeder alles in das Spiel reingibt und dass wir die Bosnier nicht auf die leichte Schulter nehmen. Wir wollen von Anfang an Vollgas gehen und das Spiel auch zusammen genießen."
Am Donnerstag (16:15 Uhr) ist es so weit: Exakt neun Monate nach seiner Inthronisierung als Nachfolger von Christian Prokop gibt Gislason im EM-Qualifikationsspiel gegen Bosnien-Herzegowina seine Premiere - allerdings ohne Pomp und Glitter.
Der Rahmen ist alles andere als festlich, denn Zuschauer wird es im ISS Dome in Düsseldorf keine geben. Zudem reist der Gegner mit einer besseren Rumpftruppe an. Für Gislason zwei Wermutstropfen. "Das ist schon schwierig ohne Zuschauer", sagte der Isländer und verwies auf acht, neun fehlende Spieler beim Gegner: "Die Leute, die da jetzt kommen, habe ich teilweise nie gesehen. Aber es ist leider so gerade."
Die Bosnier, deren Antrag auf eine Spielverlegung aufgrund diverser Coronafälle im eigenen Team vom Dachverband EHF abgelehnt worden war, machten sich am Mittwoch mit zehn Feldspielern und einem Torhüter von Sarajevo aus auf den Weg ins Rheinland. "Ich finde das richtig komisch und unfair, aber wir müssen spielen", sagte Flensburgs Torhüter Benjamin Buric der dänisch-deutschen Tageszeitung Flensborg Avis vor dem Abflug.
Gislason, der wegen Quarantänemaßnahmen kurzfristig selbst auf Andreas Wolff und Christian Dissinger verzichten muss, trifft die Corona-Pandemie seit seiner Amtseinführung mit voller Wucht. Und, so viel steht fest: Die Sorgen werden ihn über die aktuelle Lehrgangswoche hinaus begleiten.
WM mit Bubble bietet "unglaubliche Sicherheit"?
Denn die Pandemie hat den Handball voll im Griff. Nicht weniger als zwölf Quali-Spiele mussten alleine in Europa in diesen Tagen verlegt werden, da drängt sich zwangsläufig die Frage auf: Was wird aus der WM im Januar?
Gislason, das sagte er der ARD-Sportschau, ist "immer noch ganz sicher", dass das Turnier in Ägypten stattfinden wird: "Es soll eine Blase wie in der NBA geben, so dass alle Spieler und Funktionäre komplett abgeschottet sind. Ich gehe davon aus, dass sie es durchziehen werden und darauf hoffen, dass alle Mannschaften auch kommen."
Doch vor allem aus Spielerkreisen sind hinter vorgehaltener Hand kritische Töne zu vernehmen. 2007-Weltmeister Johannes Bitter, seit seinem Comeback so etwas wie der Außenminister der Mannschaft, berichtete am Dienstag von internen Diskussionen im Rahmen des aktuellen Lehrgangs. Natürlich wisse keiner, wie der Stand der Pandemie im Januar ist, "es kann auch noch schlimmer kommen", sagte Bitter: "Aber ich glaube, wenn eine WM in einer Bubble gespielt würde und da mit negativen Einreisetests gearbeitet wird, dann schafft man es, eine unglaublich hohe Sicherheit zu schaffen und das Risiko herunterzufahren."
Doch es besteht ein Restrisiko, die Angst vieler Spieler und Klubs bleibt. So macht sich Liga-Chef Frank Bohmann angesichts der zahlreichen coronabedingten Spielverlegungen im internationalen Handball schon jetzt "große Sorgen" um die Durchführung der Mega-WM mit 32 Teams. "Das Problem sind die zahlreichen neuen sozialen Kontakte im Umfeld der Nationalmannschaften, das erleben wir ja jetzt auch in der EM-Qualifikation", sagte Bohmann dem "SID".





