Uwe Gensheimer reiste am Montag "mit gemischten Gefühlen" nach Düsseldorf. Natürlich freute sich der Kapitän der deutschen Handballer auf das Wiedersehen mit seinem Team und Bundestrainer Alfred Gislason, doch er warnte eindringlich vor der "gefährlichen Situation".
Spätestens als sich Keeper Andi Wolff am Mittag pandemiebedingt abmeldete und auch der Gegner Alarm schlug, waren die Corona-Sorgen im deutschen Team allgegenwärtig.
Das für Donnerstag (16.15 Uhr/ZDF) geplante EM-Qualifikationsspiel gegen Bosnien-Herzegowina steht auf der Kippe, der Auftaktgegner der DHB-Auswahl beantragte wegen mehrerer coronabedingter Ausfälle bei der Europäischen Handball-Föderation (EHF) die Verlegung der Partie.
"Wir sind aktuell noch sieben spielfähige Spieler. Seit Samstag sind noch weitere Corona-Fälle dazugekommen und die Tests von heute sind noch gar nicht ausgewertet. So wollen wir nicht gegen Deutschland spielen", sagte Bosniens Torhüter Benjamin Buric am Montagabend der dänisch-deutschen Tageszeitung Flensborg-Avis.
Laut Angaben des bosnischen Verbands kamen am Montag lediglich 14 Spieler in Sarajevo zusammen, zwölf Akteure mussten wegen positiver Coronatests oder Quarantänemaßnahmen passen. Wenn das Spiel nicht stattfinden könne, "müssten wir das akzeptieren", sagte DHB-Sportvorstand Axel Kromer am Montagabend, betonte aber: "Wir gehen davon aus, dass alles klappen wird."
"Mulmiges Gefühl" macht sich breit
Dennoch war schon Verunsicherung im deutschen Team spürbar. "Wenn so viele Spieler aus so vielen Ländern zusammenkommen, dann ist die Wahrscheinlichkeit relativ hoch, dass zumindest einer das hat", sagte Abwehrchef Hendrik Pekeler in der ARD: "Und dann befürchte ich einfach, dass es sich wie ein Lauffeuer ausbreiten kann." Momentan, das ergänzte Kreisläufer Patrick Wiencek mit einem "mulmigen Gefühl", rücke der Sport in den Hintergrund: "Wir wollen alle gesund bleiben."
Genau aus diesem Grund musste nach Spielmacher Philipp Weber auch 2016-Europameister Wolff kurzfristig passen. Wie bei Webers Klub Leipzig hatte es auch bei Wolffs Teamkameraden in Kielce positive Befunde gegeben. "Wir folgen mit unseren Nationalmannschaften einem strengen Hygienekonzept, um Risiken zu minimieren", begründete Kromer die Entscheidung zum Verzicht. Man werde in den kommenden Tagen "sehr flexibel reagieren, sobald dies nötig ist".
Gislason hat Verständnis für die Spieler
Und doch könnten alle Vorsichtsmaßnahmen beim DHB am Ende nicht reichen. Wegen der zahlreichen Corona-Fälle beim Gegner ahnt Gislason längst, dass sein Debüt gefährdet ist - mal wieder. Schon seine im März geplante Premiere gegen die Niederlande war wenige Stunden vor dem Anpfiff coronabedingt abgesagt worden.
So wirkte Gislason zum Auftakt der Lehrgangswoche denn auch nachdenklich. Zum einen kann er die Ängste seiner Spieler nachvollziehen. Zum anderen wünscht er sich nach neun Monaten im Amt kaum etwas sehnlicher als seinen ersten Auftritt an der Seitenlinie. "Ich freue mich riesig, endlich mal die Mannschaft zu bekommen, mit ihr zu trainieren und zu spielen", sagte Gislason in der ARD-Sportschau: "Aber gleichzeitig verstehe ich meine Spieler."
Für das deutsche Team bleibt weiter nur das bohrende Gefühl der Ungewissheit und der Machtlosigkeit. "Wir müssen das als Spieler so hinnehmen", sagte Wiencek. Und Gensheimer lenkte den Blick gegenüber dem Mannheimer Morgen auf das große Ganze: "Wenn man nicht nur uns als deutsche Nationalmannschaft sieht, sondern alle Nationalspieler in der Bundesliga, ist es zur aktuellen Zeit schon eine gefährliche Situation, wenn so viele Spieler durch ganz Europa reisen, irgendwann nächste Woche zurückkommen, und zwei Tage später steht dann das nächste Spiel an."





