Die Anzeichen verdichten sich, dass Innenverteidiger-Talent Leonardo Balerdi dem BVB im Sommer den Rücken kehrt. Warum hat der Argentinier bei Borussia Dortmund keinen Fuß auf den Boden bekommen?
Eine Ablöse kann manchmal schwer wiegen - Leonardo Balerdi weiß das. Als der Abwehrspieler im Januar 2019 für 15,5 Millionen Euro von den Boca Juniors zum BVB wechselte, waren die Erwartungen allenthalben riesig.
Doch obwohl jedem Fan, jedem Journalisten und auch jedem Dortmunder Verantwortlichen bewusst gewesen sein muss, dass ein blutjunger Südamerikaner bei seiner ersten Auslandsstation eine gewisse Eingewöhnungszeit benötigen wird, ist die Ernüchterung im Sommer 2020 gigantisch. Auch bei Balerdi.
Ein knappes Jahr musste der Youngster warten, ehe Trainer Lucien Favre ihn erstmals im Profiteam einsetzte. Beim 5:0-Sieg gegen Fortuna Düsseldorf am 7. Dezember 2019 durfte Balerdi zwölf Minuten ran.
Sechs weitere Kurzeinsätze und ein vollkommen misslungenes Startelfdebüt im Saisonabschlussspiel gegen die TSG Hoffenheim (0:4) kamen seither hinzu. Für seine desaströse Darbietung gegen den Hopp-Klub erhielt der 21-Jährige vom "kicker" die Note 6.
Lockruf aus Marseille - Balerdis BVB-Abschied rückt näher
Keine Frage, bislang muss die Beziehung zwischen Balerdi und dem BVB als Missverständnis bezeichnet werden. Medienberichte aus Frankreich, laut derer Olympique Marseille den Innenverteidiger ausleihen will, verwundern daher nicht.
Mehr dazu: Balerdi vor Wechsel nach Frankreich?
Die Avancen des Traditionsvereins scheinen konkret zu sein, immerhin widmete die Sportzeitung "L'Equipe" dem Thema am Mittwoch die Titelseite.
Von einer Leihe mit anschließender Kaufoption ist die Rede, Star-Coach André Villas-Boas soll, anders als Favre, von Balerdis Qualitäten überzeugt sein.
Favre setzt beim BVB kaum auf Balerdi
In Dortmund hatte Balerdi selbst in Zeiten größter Personalnot keine Rolle gespielt. Als phasenweise die halbe Abwehr ausfiel, setzte Favre lieber auf den mittlerweile verkauften Mittelfeldspieler Julian Weigl in der Viererkette.
Selbst die taktische Umstellung auf drei Innenverteidiger zum Ende der Hinrunde verbesserte Balerdis Status nicht. Umso kurioser, dass er parallel seine ersten Länderspiele für die mit Weltklasse-Akteuren gespickte Nationalmannschaft Argentiniens absolvierte. So unterschiedlich kann die Wahrnehmung von Trainern sein.
"Er braucht Zeit. Europa und Argentinien sind anders. Das Tempo ist höher. Aber das ist normal, es war so geplant", sagte Favre einmal über Balerdi. Doch nach 18 Monaten ohne nennenswerte Fortschritte scheint die Geduld auf beiden Seiten aufgebraucht.
Abgeschlagen in der BVB-internen Hierarchie
Die Tatsache, dass der BVB Balerdi trotz eines bis 2024 gültigen Arbeitspapiers wohl inklusive Kaufoption abgibt, spricht nicht unbedingt für großes Vertrauen der Entscheidungsträger auf ein Happy End in Dortmund. Vielmehr soll der finanzielle Verlust möglichst gering gehalten werden.
In der vereinsinternen Hierarchie stehen Mats Hummels, Dan-Axel Zagadou und der lange Zeit formschwache Manuel Akanji weit vor dem Talent aus Südamerika.
Was letztendlich ausschlaggebend für Balerdis Scheitern in Schwarz-Gelb war, bleibt offen. Manch einer sieht in seinen mangelnden Sprachkenntnissen ("Deutsch ist für mich sehr kompliziert") das Hauptproblem, andere schlicht in der sportlichen Qualität des Spielers.
Fest steht nur: Wenn Balerdi Dortmund in den kommenden Wochen verlassen sollte, dann sicher nicht nur, um Spielpraxis zu sammeln. Solange Lucien Favre bei den Westfalen das Sagen hat, sind die Perspektiven des Youngsters schlecht. Höchste Zeit, dieses Missverständnis zu beenden.
Heiko Lütkehus




























