Als Rabbi Matondo im Januar 2019 zum FC Schalke 04 wechselte, ruhten große Hoffnungen auf ihm. Ein gutes Jahr später wartet der Offensivspieler noch immer auf den Durchbruch in der Bundesliga. Startet der Waliser bald durch oder entwickelt sich Matondo zu einem kostspieligen Missverständnis?
Im vergangenen September schien es für einen Moment so, als sei Rabbi Matondo endlich vollends auf Schalke angekommen. Denn obwohl er wegen einer Risswunde am Spann weite Teile der Vorbereitung unter dem neuen Trainer David Wagner verpasst hatte, gelang ihm ein Saisonstart nach Maß.
Bei seinem Startelfdebüt unter Wagner erzielte er gegen RB Leipzig prompt sein erstes Bundesligator, das den Weg zum überraschenden 3:1-Erfolg beim Titelkandidaten ebnen sollte.
In den Medien fand sein Auftritt damals reichlich positive Resonanz. Die "Sportschau" sprach nach dem Spiel von einem "Glücksgriff", das Portal "90Min" ernannte ihn gar schon zum "königsblauen Ass im Ärmel".
Und auch Matondo selbst merkte nachträglich an, dass mit dem Premierentreffer reichlich Last von ihm abgefallen sei: "Das habe ich gebraucht. Es hat mich schon belastet. Ich setze mir im Kopf immer selbst kleine Ziele mit Dingen, die passieren sollen. Wenn ich es bis 2020 nicht geschafft hätte zu treffen, wäre ich schon sauer auf mich gewesen", räumte der Youngster gegenüber dem englischen Sportportal "The Athletic" ein.
Keine Antwort auf die Offensivflaute
Doch für einen nachhaltigen Aufwärtstrend hat der Außenstürmer den Rückenwind von damals nicht genutzt. Seit September ließ der walisische Nationalspieler vielmehr nur wenige überzeugende Auftritte folgen. Allzu oft blieb ihm deshalb nur die Rolle des Jokers. In 13 der bislang 25 Bundesligaspiele stand Matondo sogar überhaupt nicht auf dem Feld.
Und das, obwohl Schalke 04 auch in dieser Saison wieder ein handfestes Offensiv-Problem hat. Mit lediglich 33 Treffern gehören die Königsblauen zu den sechs schlechtesten Angriffsreihe der Liga. Im Winter wurde in Person von Michael Gregoritsch aber lieber ein weiterer Angreifer verpflichtet, anstatt dem bestehenden Personal den Rücken zu stärken.
Verständlich ist diese Entscheidung allemal. Schließlich hat gerade Matondo bewiesen, dass er noch nicht bereit für mehr Verantwortung ist. Immer wieder blitzen auf dem Platz die Ansätze des Rechtsfußes auf. Im letzten Drittel wirken seine Aktionen aber weiterhin oftmals zu überhastet.
Sinnbildlich für seine Saison steht ein Stück weit das Revierderby gegen Borussia Dortmund (0:0) aus dem vergangenen Oktober. Dass die Schalker das Duell gegen den großen Rivalen trotz optischer Überlegenheit nicht gewinnen konnten, lag auch an Rabbi Matondo, der mehrere Großchancen frei vor dem Tor stehend vergab. Auf seinen zweiten Treffer in der Bundesliga wartet er bis heute.
Eingewöhnung mit vielen Hindernissen
Es wäre allerdings auch etwas vermessen, schon jetzt regelmäßig Leistungen auf Top-Niveau von Matondo zu erwarten. Dafür wurde seine Eingewöhnungszeit in den letzten Monaten schlicht zu oft unterbrochen.
Als das Offensiv-Juwel im Januar 2019 für knapp zehn Millionen Euro von Manchester City zu Schalke 04 wechselte, waren die Knappen als amtierender Vizemeister gerade in den Abstiegskampf abgestürzt. Trainer Domenico Tedesco suchte einen Weg aus der Krise und hatte nur wenig Muße, einen jungen Spieler langsam aufzubauen.
Als der Neuzugang die ersten Auftritte nach seinem Wechsel nicht für Eigenwerbung nutzen konnten, wurde er zwischenzeitlich sogar zur zweiten Mannschaft beordert.
Die zwischenzeitliche Ausbootung traf den Neuling damals hart, sodass er bereits Zweifel an seiner Wechselentscheidung hegte: "Ich war bei der U23-Mannschaft von Schalke und fragte mich: Bin ich jetzt wieder da, wo ich angefangen habe?", schilderte der gelernte Rechtsaußen im Gespräch mit "The Athletic" seine Emotionen.
Seit David Wagner die Geschicke auf Schalke lenkt, ist Matondo zwar wieder unbestrittener Teil der ersten Mannschaft. Doch der zweite Trainerwechsel binnen weniger Monate bedeutete für Matondo erneut eine Umstellung.
Die lange Zwangspause durch die Corona-Krise ist nunmehr ein weiteres Hindernis für seine Integration. Unter diesen Umständen ist es für einen jungen Spieler schwer, in einer neuen Liga Fuß zu fassen.
Wohin geht die Entwicklung?
Eines scheint klar: Der Vergleich mit Jadon Sancho, der im Zuge von Matondos Wechsel nach Gelsenkirchen wegen des ähnlichen Werdegangs häufig herangezogen wurde, scheint inzwischen mehr als vermessen.
Auf dem Weg zum Superstar befindet sich Rabbi Matondo derzeit nicht. Dennoch bringt der Schalker Hoffnungsträger alle Fähigkeiten mit, um seiner Mannschaft schon jetzt zu helfen. Das richtige Umfeld für den nächsten Entwicklungsschritt besteht inzwischen ebenfalls.
Matondo schwärmte gegenüber "The Athletic" jüngst von der kommunikativen Art von Wagner, der ihm stets genau erkläre, was er besser machen könne. Und auch die Verantwortlichen auf Schalke haben in den letzten Monaten immer wieder betont, dass sie mit der Entwicklung Matondos grundsätzlich zufrieden sind.
Zwar dürfte auch deren Geduld nicht unendlich sein. Um Matondo abzuschreiben, ist es allerdings noch deutlich zu früh.
Jonas Hofmann