Mit dem zweiten Platz im Sprint von Oberhof gelang Denise Herrmann der ersehnte Befreiungsschlag. Dafür musste die Weltmeisterin aber erst einen Schritt zurück machen.
Eine innige Freundschaft war es ja noch nie, aber vor Weihnachten hatte Denise Herrmann die Nase gestrichen voll. Genervt stellte die Biathlon-Weltmeisterin ihr Gewehr in die Ecke und rührte es tagelang nicht an.
"Ich hatte wirklich überhaupt keine Lust, ich konnte das einfach nicht mehr sehen", erzählte sie von ihrem Frust über enttäuschende Schießleistungen. Nun, nach dem zweiten Platz im Sprint von Oberhof, ist die Beziehung zur Waffe aber wieder intakt. "Jetzt sind wir wieder Freunde", scherzte Herrmann.
Die Pause hat der Oberwiesenthalerin ganz offensichtlich gut getan. "Man ist dann mental wieder frisch. Das ist beim Schießen einfach wichtig, dass du da auch vom Kopf her wieder Bock drauf hast", erklärte sie. Der Knoten scheint also geplatzt, der erste Podestplatz des Winters für die deutschen Biathletinnen ist trotz eines Fehlschusses verbucht - für den Befreiungsschlag musste die 31-Jährige aber erst einen Schritt zurück machen.
Intensives Schießtraining lange ohne Erfolg
In der Loipe, das weiß die ehemalige Langläuferin, können ihr nur die wenigsten Biathletinnen das Wasser reichen. Im Schießen hapert es aber deutlich zu oft, also legte Herrmann zusammen mit ihren Trainern in der Vorbereitung auf den Winter den Fokus stark auf die Arbeit mit dem Gewehr.
Für die Sächsin wurde ein neuer Schaft angefertigt, der besser an ihren Körper angepasst ist. Dazu schickte sie sich an, schneller zu schießen, um so wichtige Sekunden einzusparen. Doch der Erfolg blieb zunächst aus. In der Verfolgung von Hochfilzen etwa leistete sie sich sieben Fahrkarten, in der Staffel hatte sie mit drei Strafrunden maßgeblichen Anteil am historisch schlechten zwölften Platz.
"Das ist ein schmaler Grat und geht oftmals auch richtig in die Hose", sagte die Verfolgungs-Weltmeisterin über ihre Versuche als Schnellschützin: "Da musst du halt auch mal den Mut haben, wieder einen Schritt zurückzugehen." Das Motto lautet deshalb wieder: Treffer vor Zeit. Bei den schwierigen Bedingungen von Oberhof gelang ihr dies bis auf eine Ausnahme astrein. Und Herrmann ist sich sicher: "Wenn wieder die Nullserien kommen, wird man auch wieder schneller."
Höhentraining statt Weihnachtsfest
Um wieder in die Spur zu finden, verzichtete Herrmann sogar auf das Weihnachtsfest in ihrem heimatlichen Erzgebirge, ohne Gewehr hielt sie sich stattdessen in Davos beim Höhentraining fit. "Das hat mir richtig gut getan", sagte sie, auch mit Blick auf die WM in Antholz in den Südtiroler Alpen Mitte Februar: "Die nächsten Events sind immer auf mittlerer Höhe, da versuche ich, so viel Höhenluft wie möglich zu atmen."
Und der Spaß an der Arbeit mit dem Gewehr kam dann nach dem Jahreswechsel in Ruhpolding beim Schießtraining auch zurück. "Für mich war das einfach wichtig", erzählte sie.
Das Trainerteam habe ihr dort "auch mal konsequent ins Gewissen geredet", dazu wurde "auf kleinere Details geguckt: Warum passieren eigentlich die Fehler? Und wenn man das abstellen kann, holst du dir auch das Selbstvertrauen zurück." Die Podestplätze kommen dann von ganz alleine.